Stand August 2011
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Das Cello und die Liebe
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Jedes Konzert ist auf seine Weise einzigartig, deshalb geht man ja hin. Eine
Ahrensfelderin treibt diese Exklusivität nun auf die Spitze – und begeistert damit sogar den Bundespräsidenten.
Gesine Conrad hat sich nämlich mit ihrem Cello auf Improvisationen spezialisiert. „Ich sehe meine Musik als ein Gespräch mit dem Publikum. Erst wenn ich auf der Bühne bin, weiß ich genau, was ich sagen möchte. Durch die Musik drücke ich dann aus, was ich genau in diesem Moment fühle, es sind meine in Ton gegossenen Worte für genau diesen Moment und dieses spezielle Publikum“, beschreibt die hübsche Cellistin ihren ungewöhnlichen musikalischen Ansatz.
Einmalig!
Allerdings, was sie Bundespräsident Christian Wulff so mit ihrem Cello zu sagen hatte, lässt sich leider nicht mehr nachvollziehen, denn die spontanen Töne sind nirgendwo festgehalten und lassen sich deshalb, so schön sie jeweils sein mögen, niemals mehr wiederholen. Damit haben die Konzerte der Ahrensfelderin einen
Einzigartigkeitscharakter, der sich kaum steigern lässt!
Gesine Conrad ist ein vielfach gefeiertes Talent und eine der ganz wenigen
Bewohnerinnen der Gemeinde, die wirklich aus dem Ort stammt.
Das Mädchen mit dem Cello
„Ich bin hier als Kind aufgewachsen, ging in unsere Schule, die es ja leider
nicht mehr gibt. Meine Eltern waren sehr auf unsere musische Erziehung bedacht.
Meine Mutter Bärbel Richter kümmerte sich später ja lange Jahre um das Kulturleben in Ahrensfelde“, erinnert sich Gesine Conrad zurück. „Ich lernte mit sechs Jahren Klavier spielen, meine Geschwister ebenfalls, denn
Oma war Klavierlehrerin. Da kamen meine Eltern auf die Idee, dass es besser wäre, wenn jeder ein anderes Instrument spielen würde. Für mich kamen nur Orgel oder Cello in Frage. Die Geige beispielsweise gefiel mir
nicht, ich glaube, weil die erzeugten Töne mir viel zu hoch vorkamen. Da man eine Orgel nicht mit sich herum tragen
kann, entschied ich mich fürs Cello.“
Cello, das bedeutete regelmäßig zum Unterricht in die Musikschule nach Prenzlauer Berg zu fahren. „Während die anderen nachmittags Freizeit hatten und herumtobten, ging es für mich zum Üben. Das störte mich allerdings nicht. Aber so beladen mit dem Cello durchs Dorf zu ziehen
und an der Bushaltestelle zu warten, das war mir lange Zeit ziemlich peinlich!“
Nachholbedarf in Liebe
Neben der Musik interessierte sie Sport: „Ich betrieb damals sehr intensiv Leichtathletik.“
Da war klar, dass die Pubertät sozusagen ohne das „Wunderkind“ stattfinden musste, denn für einen Freund dürfte bei dem über-ausgefüllten Tagesablauf kaum mehr Zeit gewesen sein. „Mit 14 Jahren stand für mich fest dass ich Musik studieren und Cello-Lehrerin werden möchte.“ War es der feste Wille, immerhin übte die Ahrensfelderin nach der Schule täglich drei Stunden an ihrem Instrument, oder die hohe Begabung? Jedenfalls wurde
sie 1983 auf Anhieb zum Studium an der renommierten „Hochschule für Musik Hanns Eisler“ aufgenommen. Sie spielte nebenbei in einem Kammerorchester, sammelte
Auftrittserfahrung in einem Streichorchester und hätte beste Chancen gehabt auf eine Anstellung in einem festen Ensemble, wäre da nicht die Liebe gewesen, auf die sie als Teeny so lange verzichten musste.
„Ich bekam während des Studiums drei Kinder, allerdings von drei verschiedenen Männern. Heute wäre Nachwuchs während des Studiums sicher kein Problem, damals war das allerdings alles andere
als üblich.“
Mit kleinen Kindern jeden Abend Präsenz in einem Orchester, das war kaum machbar. Also blieb die Ahrensfelderin bei
ihrem ursprünglichen Wunsch, eben Cello-Lehrerin zu werden.
Gefragt bei Künstlern und Promis
Exakt zum Wendejahr schaffte es „das Mädchen mit dem Cello“, das „immer auf der Suche nach etwas Neuem“ ist, das Studium abzuschließen.
Heute ist die Ahrensfelderin eine überaus geschätzte und anerkannte Größe in der avantgardistischen Musik. Sie ist vielfach gefragt, wenn es darum geht,
Vernissagen von hochkarätigen Künstlern zu begleiten. Sie tritt bei „abgefahrenen Veranstaltungen“ ebenso gerne auf wie an arrivierten Kultur-Oasen wie Schloss Hardenberg oder in
Rheinsberg. Sie tritt für Prominente wie den Bundespräsidenten auf, begleitete eine Feierstunde des Berliner Abgeordnetenhauses oder
war bei der bundesweiten Initiative „Orte der Vielfalt“ gefragt. Sie ist den Fans von Weltmusik ein Begriff, weil sie sehr gerne mit
Musikern aus so unterschiedlichen Ländern wie Indien, Irak, Türkei, Palestina oder Ägypten zu erleben ist.
Sexy im Quartett
Dazu kommen Einflüsse slawischer Musik. Seit 16 Jahren tritt sie mit drei Musikerinnen als „Quartetto Tonale“ auf. Silke Rougk, Almut Witt, Astrid Hengst und Gesine Conrad kann man
wahlweise im „aufwändigen Rokoko-Kostüm“, im „mondänen roten Abendkleid“ oder im „kleinen Schwarzen“ für einen ganz persönlichen Konzertauftritt buchen. „Da geht es dann oft um Musik-Kabarett mit Tanzeinlagen. So sind wir
beispielsweise für den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck aufgetreten“, erinnert sich Gesine Conrad.
Lieber Bauer?
Erfreulicherweise gibt es drei CDs, die ermöglichen, zumindest ein paar der vielen Facetten von Gesine Conrad in Ruhe
zuhause anzuhören. Sie selbst macht das nicht, denn privat, so verblüfft sie „höre ich gar keine Musik!“. Das gehört zu den faszinierenden Widersprüchen. Sie hat mittlerweile vier Kinder, die Jüngste ist gerade mal zehn Jahre alt und meint: „Ich bin sehr gerne alleine, deshalb haben es Partner mit mir sehr schwer. In
meinem Innersten fasziniert michimmer das Einfache, ich glaube, ich hätte auch Bauer werden können.“
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