Dabei meint er erfreulicherweise nicht die
„Heuschrecken“ mit Anzug und „weißem
Kragen“, die wie die sprichwörtliche
biblische Plage über Unternehmen
herfallen, um diese dann ohne Rücksicht
auf Region und Beschäftigte zu
zerkleinern und zu verwerten.
Essen was in der Bibel steht
Stattdessen geht es dem 28-jährigen
Christopher Geßler, der Christus
praktischerweise gleich mal im Vornamen
verankert hat, um die Tiere aus der Bibel.
Er möchte nämlich so ziemlich alles, was
in der „Heiligen Schrift“ vorkommt, in
den Kochtopf befördern. Diese
kulinarische Reise durch die Kulturen ist
die nächste seiner vielen ungewöhnlichen
Ideen.
Theater ohne Lesen
Dem vorangegangen war ein „etwas
anderes Kindertheater“, das er zusammen
mit Elisabeth Gnilitza und seiner Ex-
Kollegin Mareike Langlotz ins Leben
gerufen hatte. „Dabei ging es darum, auf
der Bühne Schul- und Kitakinder
zusammen zu bringen. Obwohl die
Kleinen nicht lesen können, wurden
gemeinsam Szenen erarbeitet und ein
studiert. Die Kinder erlebten, dass man
zusammen mehr erreichen kann als
alleine. Es entstand ein Wohlfühlgefühl.“
Wohlfühlen als Programm
Wohlfühlen ist Christopher Geßler ein
wichtiger Begriff und ständiges Ziel, im
eigenen Leben und im Beruf. Die
Wurzeln liegen sicher mit in seiner
Kindheit begraben. Die elterliche
Trennung brachte eine frühe traumatische
Erfahrung. Geßler suchte das Weite in
fernen Science-Fiction-Welten und die
Nähe bei Menschen, mit denen er sich
wohlfühlt. Dabei hat er einen
ausgeprägten Sinn fürs Praktische. Dieser
führte den fußballspielenden
sportbegeisterten Jungen zur kirchlichen
Karriere. Die „Erleuchtung“ kam im
Zuge der Konfirmation. „Ich dachte,
Pfarrer, das ist doch ein echt cooler Beruf.
Der hält nur einmal in der Woche einen
Gottesdienst mit Predigt und hat den Rest
frei!“ Beim Schülerpraktikum erlebte er,
dass der Einsatz doch ein wenig darüber
hinaus geht: „Ich erfuhr, dass der persön
liche Kontakt und viele Hilfestellungen im
täglichen Leben eine wichtige Rolle
spielen. Der Pfarrer half den Menschen,
sich wohlzufühlen.“
Zauberlehrling
Geßler, der seinen familiären Mittelpunkt
mittlerweile in Schildow am Nordrand
von Berlin gefunden hatte, spürte schnell,
dass mit zu großer Entfernung der
Wohlfühlcharakter verloren ging. So
wirkte der Diplom-Gemeindepädagoge
nur kurz in der Landeshauptstadt von
Mecklenburg-Vorpommern, um
schließlich von Schwerin nach Ahrensfelde
zu wechseln. „Alle meine Freunde sind in
der Region, deren Nähe habe ich in
Schwerin sehr vermisst.“ Schließlich ist
Geßler die Nähe zu Menschen noch aus
einem anderen Grund sehr wichtig. Denn
er ist begeisterter Schauspieler, steht seit
Kindertagen regelmäßig auf der Bühne.
„Ich wurde in der Grundschule entdeckt,
weil ich den ‚Zauberlehrling’ in
gerade mal zwei Wochen auswendig lernen
konnte. Ich kam in eine theaterbetonte
Schule und bin seitdem regelmäßig
aufgetreten.“
Bescheidene „Rampensau“
Heute tourt er mit der Kabarettgruppe
„Berliner Tingeltangel“ durch
Norddeutschland. Auftrittsorte sind
Hamburg, Lübeck, Oldenburg und
natürlich immer wieder Berlin. Momentan
wirkt er hier allerdings hinter der Bühne
und ist als „bescheidene Rampensau“ für
die Technik und damit den sichtbaren
Erfolg der Kollegen zuständig. „Die
Erfahrung daraus konnte ich natürlich
bestens ins Theaterprojekt in Ahrensfelde
einbringen“, schmunzelt er. „Da Kochen
mein weiteres Hobby ist, kam ich auf die
Idee einer lukullischen Reise durch die
Bibel.“
Liebe und neue Probleme
Seine persönliche Suche nach dem
Wohlfühl-Effekt bescherte ihm neues
Lebensglück, aber nicht völlig ungetrübt.
„Als ich nach einem schwierigen
Arbeitstag etwas am Boden war, landete
ich in einem Internet-Forum und wurde
von einem Mädchen angeschrieben.
Daraus wurde die große Liebe.“ Was sich
wie im Märchen anhört hat nur einen
kleinen Haken. Die 22-jährige
Steuerfachangestellte Annmarie wohnt
weit entfernt in Schleswig-Holstein und
möchte sich momentan räumlich nicht
verändern, da sie neben dem Beruf gerade
ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg
nachmacht. Damit ist Geßler von seinem
geschätzten Wohlfühlgefühl in räumlicher
Nähe nun weiter entfernt denn je! Doch
Fernbeziehungen sind ja ein Problem, das
heute viele zu bewerkstelligen haben.
Ahrensfeldes neuer Gemeindepädagoge
kann hier also wichtige Erfahrungen
schöpfen, die er in sein weiteres Bemühen
um Kinder, Jugendliche und Familien im
Ort einbringen kann. Erst mal hofft er,
dass sich neben der entfernten Freundin
die Kollegen um die Ecke mit ihm
wohlfühlen. „Ich stelle mir einen Runden
Tisch vor, in dem dann alle ohne
ideologische Scheuklappen zum Wohle
der Kinder und Jugendlichen
zusammenwirken“, beschreibt er sein
nächstes Projekt. Ob da die Heuschrecken
aus der Bibel hilfreich sind?
Infos:
Tel. Mo. u. Mi. 0 30/9 33 93 35
Heuschrecken zum Wohlfühlen? |
Stand Oktober 2014