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Niemand auf der großen weiten Welt liebt deutsche Weisen? Von wegen! Ausgerechnet am völlig anderen Ende unseres Planeten haben sich die Fans von deutscher Pop-Musik versammelt! „In Australien sind deutsche Gruppen super-in“, weiß Jamie Heinrich-Stewart. Der Englisch-Lehrer aus Mahlow weiß, wovon er spricht.
Deutsche Songs in Australien
Schließlich brachte ihn in seiner Jugendzeit die Neue Deutsche Welle erst zur Punk-Bewegung, dann zur Liebe seines Lebens und schließlich nach Mahlow. Von dort aus sorgt er nun selbst für Wellen, mit seiner eigenen Band „Mutate Now“. Die nämlich hat sich der Fortschreibung der sinnreichen Blödel-Songs wie „Dadada“ verschrieben allerdings auf Englisch. Denn in Deutschland ist die Neue Deutsche Welle auf Deutsch längst „out”. Nun soll NDW auf englisch „in“ werden.
Ulk-Punk aus „Blahlow”
Die Chancen stehen gut, denn die Band mit Mike Schiller, Alex Voigt und Dennis Münchow ist auf dem Erfolgstrip. Es gibt mittlerweile ein Video, diesen Oktober 2007 soll die erste CD der erst drei Jahre bestehenden Band herauskommen. Fans gibt es jetzt schon weltweit, in Australien ebenso wie in Frankreich und den USA. Dafür sorgt die Internet-Präsenz der ungewöhnlichen Musiker aus „Blahlow“. So haben sie ihren Heimatort umbenannt, weil der Name Blankenfelde-Mahlow für Gebietsreform-Unerfahrene und erst recht für ausländische Zungen kaum nachvollziehbar ist. „Mutate Now“ wollen überraschen, ein wenig schockieren, auf humorvoll-hintersinnige Art, so wie die Vorgänger der Neuen Deutschen Welle, zum Nachdenken anregen.
Auf den Spuren von Nena und Kraftwerk
Sie sehen sich in einer Reihe mit Nena und Kraftwerk und bezeichnen sich als „Monty Python der Rock-Musik“. Sie laden eher selten zu Konzerten ein, den größten Erfolg hatten sie zur eigenen Überraschung ausgerechnet mit der eigenen „Video Release Party“ 2006 in Berlin. Der heute 39-jährige Jamie Heinrich-Stewart war in Jugendzeiten wohl ein sehr attraktiver Punker, natürlich mit allem Drum und Dran inklusive Hahnenkamm-Frisur.
Flotter Hahnenkamm
Jedenfalls verknallte sich die Mahlowerin Kerstin Heinrich spontan in ihn, als sie ihn während eines Ferienaufenthalts in Indonesien traf. Die sprachbegabte Brandenburgerin hatte es damals bestens geschafft, trotz Punk-Outfit internationale Firmen in Japan und Australien bei Handelsgeschäften zu betreuen. „Neun Monate später heirateten wir“, erinnert sich Bandleader Jamie Stewart. „Wir hatten uns dazu vor allem entschlossen, weil das in der Punk-Szene absolut out war!“ Erst lebte das Paar in Stewarts Heimat, einer Kleinstadt nahe der Metropole Melbourne.
Von Australien nach Mahlow
„Ich begann mich immer mehr darüber zu wundern, dass meine Frau so viele Dinge anders machte, als ich gewohnt war: Essen, Kleidung, Umgang mit Menschen. Da wurde ich neugierig auf Deutschland, wollte Land und Leute kennenlernen. Wir beschlossen, für eineinhalb Jahre hierher zu kommen. Wir überlegten Kreuzberg oder Mahlow. Das Grün der kleinen Gemeinde, wo Kerstin herstammte, überzeugte uns!“ Mittlerweile wurden daraus 15 Jahre, und Jamie Stewart fühlt sich durchaus wohl. Nur das Schulsystem überzeugte das Paar nicht, weshalb Sohn Max, mittlerweile 16 Jahre alt, in Australien „ganz auf altenglisch mit Schuluniform und ohne den Schlendrian, wie er hier üblich ist“ Bildung genießt.
Auch optisch sind die Heinrichs ein wenig zum bürgerlichen mutiert. So hat Kerstin Heinrich den Hahnenkamm gegen eine Kurzhaar-Frisur eingetauscht, schließlich muss sie an ihrem Arbeitsplatz als Botschafts-Mitarbeiterin mit vielen unterschiedlichen Personen klarkommen.
Nik Page als Pate
Der Erfolg von Gruppen wie „Mutate Now“ allerdings wäre wohl kaum denkbar, wenn Blankenfeldes Rock-Ikone Nik Page nicht so kontinuierlich im Hintergrund „Pate stehen“ würde. Ihm ist Nachwuchs-Förderung ein wichtiges Anliegen. So gehört Jamie Stewart zu den Stamm-Musikern in seiner Band. „Das macht Spaß und sorgt für Erfahrung. Musikalisch allerdings habe ich andere Vorstellungen. Nik Page arbeitet viel mit düsteren Visionen, bei ihm sind Themen wie Tod oftmals im Mittelpunkt. Bei uns geht es lustiger und ironischer zu“, so Jamie Stewart.
Neue CDs und die Skeptiker
Nik Page freut sich hingegen über den Erfolg seines Klassik-Projekts „Songs of Lemuria“ mit Michaela Laubach. Das Album erscheint gerade. Die neue Elektro-Rock CD „Kommunion“ von „Kash und Nik Page“ ist ebenfalls kurz vor dem Start. Alle Veröffentlichungen erscheinen im eigenen Label Wannsee Records. Dort wird nun die ostdeutsche Punk-Kultband „Die Skeptiker“ ganz neu mit verlegt. Die Gruppe um Eugen Balanskat war 1986 in Berlin entstanden, hatte erst mit frechen Texten und dann durch einen Kooperationsvertrag mit der FDJ für Aufregung gesorgt. 2006 wurde sie wiedergegründet.
Sony BMG als Vertriebspartner
Dass Nik Page einen hohen Stellenwert in der Musikbranche hat, zeigt der Wechsel des Vetriebspartners. Nunmehr ist es der Marktführer Sony BMG, der dafür sorgt, dass die Scheiben von Wannsee Records aus Blankenfelde den Weg in die Plattenläden finden und dort für die Fans in Deutschland, Österreich und der Schweiz verfügbar sind. Nik Page hofft, dass unter den Bands, die den Durchbruch schaffen, doch die eine oder andere Gruppe aus der Region ist. „Wir haben hier eine bemerkenswerte Dichte an interessanten Gruppen, die etwas zu sagen haben und das Zeug zum Erfolg hätten“, meint er.
Deshalb denkt er an eine zweite CD, auf der sich Nachwuchs-Bands präsentieren können. Ob „Mutate Now“ dann noch mit dabei ist? „Ich würde mich freuen, wenn die bis dahin so bekannt sind, dass sie keine Unterstützung mehr benötigen“, hält er die Daumen für seinen Band-Kollegen und Freund Jamie Stewart.
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