Stand Juli 2011
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Warmes Händchen für kaltes Glas
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Ein Kirchenbesuch mit Folgen: Das Meer der Farben, das auf den Kunststudenten im
thüringischen Meiningen prasselte, war so kraftvoll, dass es sein ganzes Leben veränderte.
„Dabei bin ich gar nicht religiös“, blickt Helge Warme heute zurück. „Ich studierte damals an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und wollte Maler werden. Ein Freund nahm mich auf einer Studienreise in
die katholische Kirche von Meiningen mit. Sie war 1967 bis 1972 erbaut worden.
Zwei Wände waren aus Glas. Der Raumeindruck und die kraftvolle Durchdringung mit Primärfarben waren so faszinierend und ergreifend, dass ich beschloss, statt Maler
Glaskünstler zu werden.“
Himmelsleiter für Brieselang
Heute sorgt Helge Warme, 1962 in Wittenberge geboren und vorwiegend in Berlin
aufgewachsen, von seinem großzügigen Atelier in Brieselang aus für ungewöhnliche und meist fragile Kunstwerke. Er hat dort das Anwesen seines langjährigen Freundes Guido von Martens übernommen, der in Brieselang gleich beim Bahnhof in den Räumen eines früheren Einkaufsladens den „Märkischen Künstlerhof“ gegründet hat und nun samt Lebensgefährtin Renée Dressler zentrumsnah anzutreffen ist. Das brachte Helge Warme zusammen mit
Ehefrau Britta Warme, die Musiktherapeutin ist, ins Havelland.
Von den beiden Kindern wohnt Gerda, 15, mit in Brieselang. Sohn Jobst, 24, hat
Geschichte studiert und geht eigene Wege, allerdings fernab der Kunst.
Mit Helge Warme konnte Brieselang zu einem neuen Zentrum der sehr ungewöhnlichen Glaskunst werden. Er schafft hier Werke, die immer wieder Aufsehen
erregend sind. So erinnern sich noch viele Brieselanger an die gläserne „Himmelsleiter“, die durch ihre Spiegelung auf der Oberfläche des Nymphensees zu faszinierenden Bildeindrücken führte. Die Skulptur „Lichtblick“ kaufte die Stadt Berlin für die Karl Marx Allee an, das „Gläserne Akkordeon“ faszinierte die Besucher der East Side Gallery.
Der Brieselanger nimmt gerne an Symposien teil. Ein Ergebnis der Arbeiten
zusammen mit afrikanischen Künstlern im Senegal war der „Papillon pour Dakar“, eine 4,50 Meter hohe Skulptur, die die Farbigkeit eines Schmetterlingsflügels zum Thema hat.
Kleber statt Pinsel
Das Problem bei der Arbeit eines Glaskünstlers ist, dass spontane Herangehensweise wie in der Malerei fast unmöglich ist.
„Einfach Leinwand aufstellen und loslegen, das geht nicht“, so Helge Warme. Glaskunst erfordert lange, exakte und wohlüberlegte Vorbereitung.
„Das Grundmaterial Glas ist sehr teuer. Es gibt unterschiedliche Sorten, es muss
genau überlegt werden, welche zum Einsatz kommt.“
Während Bildhauer in der Regel ihr Werk dadurch schaffen, dass sie ein
Grundmaterial behauen oder modellieren, muss Helge Warme seine Werke von Null
auf aufbauen. „Es gilt, einzelne Glasplatten zusammen zu kleben, bis die gewünschten Formen entstehen. Sind die Platten zusammengeschweißt, so gilt es,
den überschüssigen Kleber herauszudrücken und mühevoll zu entfernen. Das ist eine ziemlich unerfreuliche und anstrengende Arbeit“, gibt der Künstler Einblick in die Technik seines Schaffens.
Lebendige Skulpturen
Wie bestechend Glaskunst ist, zeigt er an einem Modell, das er gerade für eine größere Skulptur für die nächste Landesgartenschau in Prenzlau geschaffen hat. Je nach Blickwinkel überrascht das Objekt mit unterschiedlichen Farben.
„Damit lebt so ein Glasobjekt mit der Natur. Es präsentiert sich je nach Lichteinfall und Standpunkt des Betrachters ganz
unterschiedlich“, beschreibt Helge Warme die Faszination seiner Glasobjekte, die selbst einen
ungeübten Betrachter sofort ergreift.
Das Gros der Arbeit liegt im Bereich der Auftragskunst, meist für sakrale Räume.
Farbige Kirchenfenster schaffen eine ganz besondere Atmosphäre, egal ob es um mittelalterliche Münster oder moderne Kirchen geht. Letzteren verdankt Helge Warme seinen Durchbruch: „Ich bekam 1996 durch Vermittlung eines befreundeten Architekten den Auftrag, in Niesky eine komplette Kapelle auszugestalten. Das war nicht nur Glaskunst, sondern komplexe Innenraumgestaltung.“
Viele Mittel für den Effekt
Seitdem ist Helge Warme vielfach gefragt. Zu den Aufgaben gehörte die
Erneuerung mittelalterlicher Fenster in einer Kirche in Staaken ebenso wie Glasfenster fürs Rathaus-Foyer in Lübben. Warme arbeitet dabei mit den unterschiedlichsten Techniken. „Ich verwende Glasbausteine, bemale Glasscheiben oder schaffe in den Fenstern kleine Skulpturen, die dann, mit Hammer und Meißel bearbeitet, für einen ganz besonderen wechselnden Lichteffekt sorgen.“
Egal welche Technik und welches Mittel Helge Warme einsetzt, ihm geht es darum,
dass die Betrachter von den Effekten seiner Arbeiten ähnlich berührt sein können, wie es ihm selbst passiert ist, als er eigentlich „nur“ mal eine Kirche ansehen wollte.
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