Stand Juni 2012
| |||||||||||
Hymne für jede Torlage
| |||||||||||
Zeitlos ist ein Lied, wenn es auf die unterschiedlichsten Anlässe immer noch gut passt. Von einer Fußball-Arie erwartet es kaum jemand, denn die soll ja den eigenen Club anfeuern
und Siege feiern.
Die große Ausnahme macht da Berlins Hertha BSC. Ihre Fans „erfanden“ eine Hymne. Sie wurde über Nacht zum Hit, vielleicht gerade, weil sie auf Höhen und Tiefen passt. Wer nun glaubt, die Hertha-Arie, die Fußball und Berliner Lebensgefühl gleichzeitig thematisiert, kommt nur aus Berlin, der irrt. Einer ihrer „Erfinder“ ist in Brieselang beheimatet!
Dr. Gunnar Eisenberg (Foto) ist alles andere als ein ausgeflippter Fan wie man ihn sich landläufig vorstellt. Er ist als distinguierter Wissenschaftler bekannt, als
ausgewiesener Fachmann für den guten Ton. Er errang ein Hochbegabten-Stipendium und gilt als Koryphäe an der Nahtstelle zwischen Mensch und Computer.
Fans zum Programmieren?
Er hat ein wissenschaftliches Standard-Werk veröffentlicht und beschäftigt sich mit der Frage, wie die „Maschine“ einzelne Töne unterscheiden kann. „Wie kann man einen Computer so programmieren, dass er beispielsweise auf
Knopfdruck nur Gitarren- oder Klaviermusik heraussucht?“, ist eines seiner Themen.
Wie geht das mit „Hertha und Schulle“ zusammen? Will Dr. Eisenberg da vielleicht die Fans „programmieren“? Ein wenig davon ist durchaus wahr. Der 34-Jährige ist in Berlin-Lichterfelde und später in Charlottenburg aufgewachsen. Seit seiner Jugend ist er bekennender
Hertha-Fan.
„In den 1990-er Jahren hatte der Verein ebenso wie andere Clubs Probleme mit
randalierenden Fans, die rechte Parolen riefen. Um da etwas dagegen zu setzen,
gründeten wir den „Hertha Fanclub International“, der sich gegen Rassismus und Gewalt im Fußball wendet. Wir wollten als Fans aus der Kurve heraus Flagge bekennen.“ Es fehlte nur noch eine Erkennungsmelodie!
Warum nur Hertha-Fan?
Sänger Daniel Rimkus präsentierte diese als Rohversion nur mit Gesang und Gitarre auf You Tube.
„Der Text war sympathisch und kritisch. Er ging der Frage nach, warum man
eigentlich Hertha-Fan ist. Allerdings war es ein wenig zu sehr auf
Berlin-Moabit bezogen, dem Kietz, wo Rimkus wohnt“, erinnert sich Dr. Eisenberg. Auf einem Sommerfest entstand die Idee, daraus im
Tonstudio seiner Freunde aus Kindheitstagen Arne Schumann und Josef Bach eine professionell aufgenommene Hertha-Hymne zu machen, mit einem leicht veränderten Text, der sich auf ganz Berlin bezieht.
Dreckig, schrullig, liebenswert
„Es sollte eine Rock-Version im Stil der Band „Die Ärzte“ werden.“ Eisenberg und seine Freunde wollten darin ihr Berlin widerspiegeln. „Das ist doch eine Stadt wie es keine andere gibt: dreckig, schrullig,
liebenswert. Und so soll der Fußball-Club sein, ganz anders als ein austauschbarer Hochglanz-Verein, wie ihn
Dieter Hoeneß als ehemaliger Manager wollte“, so Dr. Eisenberg.
Die Uraufführung der Hertha-Hymne geriet sofort zum vollen Erfolg. Seit Oktober 2010 ist
der Song in jeder Pause zu hören – unterlegt mit Bildern, die die Fans übers Internet einschicken. „Damit ist es von Fans für Fans“, freut sich Dr. Eisenberg. „Wir wirken damit der Extrem-Kommerzialisierung des Fußballs entgegen. Früher gab es in Halbzeitpausen immer fade Shows, in denen sich Sponsoren präsentierten. Nun haben die Fans mit dem Song und ihren eigenen Bildern ein Stück weit den Fußball für sich zurück erobert. Wir haben sozusagen die Seele des Berliner Fußballs gerettet.“ Die Hymne gibt es mittlerweile auf CD. Sie gehört zur Pflicht-Ausrüstung der Fans. Dabei bleiben sich die Macher selbst treu: „Wir stellen das Lied kostenfrei zur Verfügung!“
Natürlich ist der Wahl-Brieselanger über den Abstieg seines Vereins traurig, doch gibt er zu bedenken: „Man sollte niemals vergessen, dass Fußball nur ein Spiel ist. Da kann man gewinnen und verlieren. Es ist aber nicht
das Leben.“
Patente und Preise
Nach Brieselang brachte Dr. Eisenberg wie viele andere der eigene Nachwuchs und
der Wunsch nach Leben im Grünen. Der Hit-Schöpfer ist seit 16 Jahren mit seiner Sandkastenliebe zusammen. Jenifer Eisenberg und er haben drei kleine Kinder. Dr. Eisenberg setzt die Erkenntnisse seiner
wissenschaftlichen Arbeit, wo er in Klangwellen den „Bauplan Gottes“ erforschen möchte, seit Jahren für Synthesizer-Hersteller ein und begeistert damit Bands und Musiker. Nun hat er
sein eigenes Unternehmen gegründet. Es schlug ebenso ein wie die Hertha-Hymne. Schon kurz nach der Gründung wurde es auf der Cebit mit einem Gründerpreis ausgezeichnet und seit 2011 mit dem EXIST-Gründerstipendium gefördert. Der ungewöhnliche Musiker, Komponist und Wissenschaftler hat eine patentierte Technologie
entwickelt, die die komplizierte Arbeit im Tonstudio nutzerfreundlich
vereinfacht.
Mit ihm hat Brieselang also einen ungewöhnliche Fußball-Fan für sich gewonnen, der zugleich als Wissenschaftler und Firmengründer international von sich reden macht. Mal sehen, ob da für seine Wahlheimat Brieselang und dessen Fußballverein auch noch eine Hymne „abfällt“!
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||