Berlin hat seine Kult-Band „Die Ärzte“,
Brieselang einen rockenden Arzt! Der
hat sein Skalpell nun an den Nagel
gehängt, um sich ganz seiner
Leidenschaft zu widmen.
Michael Gutsche lässt die
Musik einfach nicht los. Schon als
Jugendlicher tingelte er mit einer Band
durch `Berlin.
Opas Klavier
„Bei Opa stand ein Klavier, da nahm ich
dafür Unterricht. Später habe ich mir
weitere Instrumente wie Gitarre, Bass,
Percussion, Schlagzeug und Saxofon
teilweise selbst beigebracht“, blickt er
zurück. Mit 17 tingelte er durch die Clubs.
„Wir waren eine Cover-Band, die die
damaligen Rocksongs von den Stones,
Beatles und den anderen angesagten Bands
nachspielte.“
Zehn Jahre später wäre es fast zum großen
Durchbruch gekommen. Dieter-Thomas
Heck hatte das Duo „Gutsche & Goy“ in
seine bundesweit ausgestrahlte Hitparade
eingeladen.
Mehrere Platten
Wie es dazu kam, ist eine abenteuerliche
Geschichte: „Ich hatte nach zehn Jahren
zufällig einen alten Schulfreund getroffen.
Der erzählte, dass er Profi-Musiker
geworden war, eine Band hat und gerade
jemand sucht, der ihm einen deutschen
Songtext macht. Mein Vorschlag gefiel
ihm dann so gut, dass er wollte, dass wir
ihn selbst einsingen. Daraus entstand unser
Duo.“
Fünf Jahre lang tingelten
Michael Gutsche und Detlef Goy durch die
Lande. Doch trotz mehrerer Platten ließ der
ganz große Durchbruch auf sich warten.
20 Jahre Arzt
So wurde aus dem Multi-
Instrumenten-Künstler also doch ein Arzt:
„Ich machte 20 Jahre keine Musik mehr.
Statt dessen gründete ich eine
Familie, habe eine Tochter und arbeitete im
Jüdischen Krankenhaus in Berlin als
Chirurg. Eine 70 Stunden Arbeitswoche
war da die Regel.“
Mit Leib und Seele
Quasi über Nacht beschloss Dr. Gutsche,
sein Leben komplett zu ändern. Er
verliebte sich in eine Kunstlehrerin aus
Brieselang und wohnt nun mit ihr in der
Gemeinde. Das Messer nimmt er nur noch
fürs Essen. Bäuche aufschnippeln gehört
der Vergangenheit an.
Stattdessen widmet sich der Jethro Tull-
Fan nun voll seiner kreativen Seite. Auf der
professionell im Studio produzierten
Erstlings-CD „Mit Leib und Seele“
verarbeitet er sein „früheres“ Leben. „Ich
kann englisch sprechen, doch um die
Zwischentöne so rüberzubringen, wie ich
möchte, habe ich deutsche Texte gemacht“,
erklärt er.
Im Wettbewerb
Obwohl er es „abartig“ findet, „Musik um
die Wette zu machen“, beteiligte er sich
mit seiner „Michael Gutsche Band“
mehrmals am „Deutschen Rock- und
Popfestival“. „Da wurden jeweils
unter 800 Einsendungen etwa 80 Bands
ausgesucht. Wir waren also in guter
Konkurrenz, als wir in Wiesbaden
auftraten. Chance hatten wir dennoch
keine, weil dort natürlich den jüngeren
Musikern der Vorzug gegeben wird.“
Ganz neu tritt Michael Gutsche zusammen
mit dem Falkenseer Hochschullehrer Jörg
Menge als Jazz-Duo „Blue Jam Cookies“
auf. Die beiden verarbeiten in dieser
Besetzung Rockmusik-Hits zu Jazz-Titeln,
meisten frei improvisiert.
„Wir nehmen die Songs aus unserer
Jugendzeit, erinnern uns daran, mit
welchen tollen Mädels wir dazu getanzt
haben oder was wir dabei gemacht haben
und drücken das dann in freier
Improvisation aus!“
7000 Bilder
Damit haben der Ex-Chirurg und der
frühere Professor an einer Filmhochschule,
der als Maler bekannt ist, mittlerweile
ebenfalls viele Fans gefunden. Gespannt
darf man auf das aktuelle Projekt des Duos
sein: „Wir erstellen gerade einen Trickfilm.
Jörg Menge hat dafür in mühevoller
Kleinarbeit ein halbes Jahr lang an die
7000 einzelne Bilder gezeichnet. Das
Thema ist ‚Suche nach Glück‘,
musikalische Vorlage ist ‚Satisfaction‘ von
den Rolling Stones.“
Der Kurzfilm soll auf Festivals vorgestellt
werden und auf die Kreativität in
Brieselang aufmerksam machen. Wer weiß,
vielleicht sehen wir ihn sogar mal als
Vorspann im Kino?
Und schon hat Brieselangs rockender Arzt
wieder eine neue Idee: „Mein großes
Projekt ist experimentelle Musik, obwohl
ich natürlich weiß, dass man damit nur
wenige Fans begeistern kann!“
Ehefrau Kerstin Gutsche gehört nur
bedingt dazu: „Sie beschäftigt sich weniger
mit Musik, ist aber gerade deswegen meine
beste musikalische Beraterin, da sie
unsere Stücke aus der Perspektive eines
normalen Zuhörers beurteilt.“