Im Haus von Ann-Sophie Schweizer, 44,
und Lutz Rabbach, 51, wird das gemacht,
was wir auf Leinwand und Bildschirm
genießen. „Dora Heldt“, „Lilly
Schönauer“, „Liebe am Fjord“, „Emilie
Richards“ oder „Das Traumhotel“ finden
sich auf attraktiven Sendeplätzen bei ARD
und ZDF. Millionen Zuschauer lassen sich
damit regelmäßig verzaubern. 2003 wagte
das ARD mit dem Zweiteiler „Das
unbezähmbare Herz“ eine Neufassung des
Klassikers „Angélique“, der in den 1960-er
Jahren Furore machte.
Immer auf der Achse
Ausgerechnet bei dieser Historien-
Schmonzette, die zur Zeit von Frankreichs
absolutistischem König Ludwig XIV.
spielt, entzündete sich der Funke zwischen
der „kühlen Hamburgerin“ Ann-Sophie
Schweizer, die für das Projekt als Cutterin
engagiert war und dem im wasserreichen
und abgelegenen Lehnin geborenen Lutz
Rabbach, der als Aufnahmeleiter den
Ablauf der Dreharbeiten zu organisieren
hatte. „Das war 2002. Irgendwie sind wir
aber erst vor drei Jahren dazu gekommen,
zu heiraten“, schmunzeln die beiden. Zehn
Jahre nach den ersten heißen Nächten am
Rande von „Angélique“ wohnt das Film-
Ehepaar in Brieselang. „Uns haben die
grüne Umgebung und die gute
Verkehrsanbindung fasziniert. Von hier aus
sind die Studios von Potsdam-Babelsberg
nicht weit. Man ist zudem schnell überall
in der Welt, dank Autobahn, Zuganbindung
und nahem Flughafen.“
Auf Du und Du mit Stars
Lutz Rabbach hat als Aufnahmeleiter und
dann als Erster Regieassistent viele
gefragte Produktionen mit auf den Weg
gebracht. Er kennt die prominenten
Regisseure ebenso wie viele Stars. So hat
er mit Gila von Weitershausen, Yvonne
Catterfeld, Christiane Hörbiger, Rolf
Hoppe, Ursula Karusseit, Klausjürgen
Wussow, Götz George, Inge Keller, Gojko
Mitic, Katja Flint, Jürgen Vogel und
Moritz Bleibtreu zusammengearbeitet. Er
hat noch Kult-Regisseur Bernhard Wicki
bei einer DEFA-Produktion kennengelernt
und erinnert sich an die Dreharbeiten von
1991 zur ARD-Produktion „Haus am See“
mit Diva Hildegard Knef. „Sie war damals
vom Krebs gezeichnet, aber immer nett.
Ich habe sie jeden Tag von ihrem Hotel am
Los Angeles Platz in Berlin abgeholt, zum
Dreh nach Schloss Dammsmühle bei
Wandlitz gebracht und wieder nach Hause
gefahren. Sie hat sich mit mir über alles
mögliche unterhalten, keine Spur von
Unnahbarkeit. Ich habe sie
geliebt!“
Auf Umwegen zum Film
Lutz Rabbach und seine Ehefrau verbindet,
dass der Weg zum Film alles andere als
vorgezeichnet war. So wollte der Junge aus
dem abgelegenen Örtchen Lehnin
Journalist werden. Dafür gab es in der
DDR nur einen Studiengang in Leipzig.
Dort wurde Rabbach abgelehnt.
„Stattdessen bekam ich ein Studium der
Agrarwissenschaften zugewiesen, was
mich überhaupt nicht interessierte. Ich war
fassungslos“, blickt er zurück.
Ausgerechnet die Armeezeit bei der NVA,
die er in Potsdam ableisten konnte, brachte
die Rettung: „In meiner Einheit waren viele
Söhne von Filmleuten und der Sprößling
des Intendanten vom Hans-Otto-Theater in
Potsdam.“
Start im Kuhmist
So gelang es ihm gleich nach dem
Militärdienst eine Praktikumsstelle an der
Seite eines Aufnahmeleiters zu bekommen.
„Es ging um den Kinderfilm ‚Pelle der
Eroberer‘. Ich war natürlich am Tag des
Tages sehr aufgeregt und zog meine besten
Klamotten an, um einen guten Eindruck zu
machen. Und was war meine Aufgabe? Ich
musste auf einer Wiese voller Kuhmist
dem Kameramann die Rindviecher vor die
Linse treiben. Da war ich also doch noch
bei der ungeliebten Landwirtschaft
gelandet!“
Kultserien
Von 1991 an war Rabbach als „Erster
Aufnahmeleiter“ dafür zuständig, dass bei
Serien wie „Praxis Bülowbogen“ und
„Wolffs Revier“ am Set alles wie am
Schnürchen funktionierte. „In dieser
Position ist man das Bindeglied zwischen
Crew und Produktion. Man ist für die
Drehplanung zuständig, organisiert die
Proben, muss sehen, dass alles im
finanziellen Rahmen bleibt.“ Seit zehn
Jahren ist er vor allem als Regieassistent
tätig.
Film neu erfinden
Ehefrau Ann-Sophie Schweizer kam
ebenfalls auf Umwegen zum Film. Sie
studierte in Hamburg Germanistik mit den
Schwerpunkten Theater und Medien. Weil
sie die Praxis kennenlernen wollte, ließ sie
sich von einer Freundin, die im Filmschnitt
arbeitet, für ein Praktikum anheuern. „Als
ich mitbekam, dass am Schneidetisch der
Film praktisch neu erfunden wird, wusste
ich, dass dies mein Traumberuf ist. Für das
spätere Gesamtwerk ist es nämlich absolut
entscheidend, welche Szenen verwendet
werden, welche Einstellungen am Ende zu
sehen sind, wie lang die Einstellungen sind,
wie schnell die Sequenzen gewechselt
werden. Deshalb sind die Cutter ab Beginn
der Dreharbeiten mit im Boot und
schneiden den Film parallel zum Dreh.“
Erlebte Filmgeschichte
Lutz Rabbach hat aus eigener Erfahrung
miterleben können, wie sich die
Filmbranche vollständig geändert hat. „Als
ich bei der DEFA anfing, gab es kaum
Telefone. Wir luden die Schauspieler per
Telegramm zum Dreh, was keineswegs
immer klappte. Wenn dann der Wagen
kam, um sie von zu Hause abzuholen, war
oft keiner da oder die waren noch vom
Abend zuvor so zugedröhnt, dass man das
in der Maske nicht auswetzen konnte.
Dann wurde der Dreh eben verschoben.
Das kann sich heute, wo jede Minute
genutzt wird, keiner mehr vorstellen.“ Nun
gehört das iPhone zur Grundausstattung.
Familie Rabbach ist
viruos im Tippen auf den kleinen virtuellen
Tasten. „Das ist Grundvoraussetzung, man
muss beim Film immer erreichbar sein“, so
Ann-Sophie Schweizer.
Heiße Liebe bei Angélique |
Stand Juli 2014
Immer schärfer, immer schneller
Rabbach erinnert sich mit leichter Wehmut
an die mit dem Start des Privatfernsehens
verbundene „Goldgräberstimmung“ in den
1990-er Jahren: „Da haben die neuen
Sender darauf geachtet, möglichst viel
selbst zu produzieren. Für Filmschaffende
gab es ein riesiges Angebot an Aufträgen
zu Bedingungen, von denen man heute nur
träumen kann.“ Ann-Sophie Schweizer hat
den nächsten Umbruch hautnah miterlebt:
„Die Digitalisierung hat uns vor Kleber
und Handarbeit befreit, dafür soll alles
noch schneller gehen.“ Nun gilt es die neue
Welt des hochauflösenden Fernsehens zu
bewältigen: „Dafür sind neue Kameras
nötig, die momentan noch sehr teuer sind.
Man muss jetzt ganz anders an die
Produktionen herangehen. Früher konnte
man viel mehr ‚schummeln’. Ein wenig
Schärfe wegnehmen war ein beliebter
Trick. Heute ist das Bild bis in die letzte
Ecke knallscharf. Das bedeutet mehr
Aufwand.“
Weltweit unterwegs
Die nötige Mobilität, die manche Film-
Familien sehr belastet, führte die beiden
Neu-Brieselanger fernab der Heimat
zusammen. Ausgerechnet im süddeutschen
Ludwigsburg entzündete Amor bei den
beiden „Nordlichtern“ die Flammen der
Liebe. „Wir versuchen natürlich, möglichst
oft gemeinsam engagiert zu werden“,
haben die Brieselanger deshalb seit zwölf
Jahren eine persönliche Zielsetzung. Das
ist nicht immer möglich, denn Lutz
Rabbach ist weltweit unterwegs. So kann
er auf Dreharbeiten in Neuseeland,
Tobago, Marokko, Thailand, Malaysia,
Myanmar, den USA und den
meisten Ländern Europas verweisen. Wenn
das Paar das gemeinsame Eigenheim in
Brieselang genießt, dann sind Harke und
Spaten nur selten gefragt. Dazu steckt der
Schreck vom fast aufgezwungenen
Agrarstudium noch zu sehr in den
Knochen! Deshalb besteht der Garten fast
nur aus Rasen!
Infos:
www.lutzrabbach.de
Tel. 03 32 32/23 74 23