Man kann, dies zeigt ein mehr als
ungewöhnlicher Erkneraner. Michael
Kromarek ist Jurist „wider Willen“ und
machte dennoch eine atemberaubende
Karriere in Nordrhein-Westfalen,
Deutschlands bevölkerungsreichstem
Bundesland. Er brachte es dort zum
Leitenden Regierungsdirektor, war Haupt
dezernent und arbeitete mit dem streitbaren
Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef
Antwerpes zusammen. Der machte mit
eigenhändigen Verkehrskontrollen,
Alkoholtests und Autobahnvollsperrungen
wegen Nebels von sich reden. „Wir sind
nicht dafür da, dass die Bürger uns lieben,
sondern um unsere Arbeit zu machen“, war
seine Devise. Das dürfte Michael
Kromarek durchaus gefallen haben, denn
der feinsinnige Künstler hat durchaus
Streitpotenzial zu bieten!
Im Zentrum der Macht
Doch bevor er dies so richtig entfalten
konnte, rückte er ganz nach oben ins
Zentrum der Macht. Er war an der Seite
des damaligen Ministerpräsidenten und
späteren Bundespräsidenten Johannes Rau
aktiv und Persönlicher Referent des
Staatskanzlei-Chefs. Damit beeinflusste er
viele Entscheidungen im westdeutschen
Vorzeige-Bundesland. Trotz dieser
atemberaubenden Karriere ist er im Herzen
immer Berliner geblieben. Sein Vater
Walther Kromarek hatte mit einem Partner
an der Wuhlheide eine Schraubenfabrik.
Unter Bomben auf die Welt
Der kleine Michael wurde während eines
Fliegerangriffs in einem Luftschutzkeller in
Köpenick geboren. „Der Bunker brannte,
ich kam zur Welt, alle waren heraus
gerannt, meine Mutter Elisabeth war mit
mir hilflos alleine im Dunkeln. Unser
Leben verdanken wir dem Kindermädchen,
das uns aus dem brennenden Gebäude
gerettet hat“, beschreibt Kromarek die
Dramatik. Mit Kriegsende kam die Rote
Armee, die den Vater als angeblichen
Kriegsverbrecher nach Buchenwald
verschleppte, wo er wenig später starb. Das
Vermögen wurde entschädigungslos
enteignet. „Die Familie rettete sich nach
Westdeutschland. Wir waren drei Kinder,
alle musisch veranlagt. Mein Bruder und
meine Schwester wurden Philologen. Ich
hatte schließlich schweren Herzens im
Studium von Germanistik und
Kunstgeschichte zu Rechtswissenschaft
gewechselt.“
Mit Moskau einig
Mit dem Mauerfall war für die Familie
klar, dass das alte Unrecht keinen weiteren
Bestand haben durfte. „Ich wurde als Jurist
von der Familie ausgewählt, das wieder
rückgängig zu machen“, erinnert sich
Michael Kromarek. Zu seiner großen
Verwunderung musste der langjährige
Spitzenbeamte erleben, dass in
Deutschland Recht nicht immer Recht ist.
Zum eigenen Erstaunen erhielt er aus
Moskau sehr schnell eine
„Entschuldigung“ und die Bestätigung,
dass sein Vater weder aktiver Nazi noch
gar ein Kriegsverbrecher gewesen ist. In
Deutschland wurde ihm dies lange
verweigert.
Sippenhaft in Deutschland
Der Familie wurden weiterhin die
angeblichen Verfehlungen des Vaters
angelastet. „Auf 40 Zeilen wurde hier über
ein Leben geurteilt“, empört sich Michael
Kromarek. „Ich musste zwölf Jahre
kämpfen und bekam erst in letzter Instanz
beim Bundesverwaltungsgericht Recht.“
Diese Erfahrung ließ ihn im wahrsten
Sinne des Wortes zur Feder greifen. Denn
der eigenwillige Erkneraner schreibt trotz
Computerzeitalter erst mit Tinte und
Federhalter, bevor er alles in seinen Laptop
diktiert. Heraus kam ein über 800 Seiten
starkes Familienepos, das gerade dabei ist,
unterm Titel „Winkler – Eine deutsche
Geschichte“ eine auf 500 Seiten gestraffte
Neuauflage zu erhalten. Schon mal am
Schreiben, entstand des Weiteren der Krimi
„Das 7. Haus – Tod in den Algen“, der in
der Bretagne spielt, wo Kromarek zehn
Jahre als freischaffender Künstler lebte,
ehe er sich für das zurück übertragene
Haus in Erkner als neue Heimat
entschied. Der Krimi ist auf deutsch und
französisch erhältlich. Zudem schrieb der
Erkneraner den Kurzgeschichten-Band
„Kunst Geschichten“.
Neue Heimat in Erkner
Beim Recherchieren am Familienroman
stieß Michael Kromarek darauf, dass es in
Erkner ein Wohnhaus der Familie gab,
dessen Enteignung unwirksam erfolgt war.
Der verwaltungskundige Jurist schaffte es,
dass die bereits abgeschlossene Akte
nochmals geöffnet wurde und er in den
Besitz des väterlichen Anwesen kam. So
wurde diese Stadt zu seiner neuen Heimat -
und der seiner aus Köpenick stammenden
Ehefrau Dr. Angelika Keiling-Kromarek,
die Orthopädin ist. Doch Michael
Kromarek kann noch viel mehr. Da die
elterliche Fabrik als „VEB Schraubenwerk
Köpenick“ bis nach der Wende
weiterbestand, wollte er diese unbedingt
wieder in die Familie bringen und kaufte
sie von der Treuhand zurück.
Erfolg als Fabrikant
„Plötzlich hatte ich 120 Beschäftigte, 180
völlig veraltete russische Maschinen und
null Aufträge“, blickt er zurück. Obwohl
der damals 46-Jährige weder mit der Her
stellung von Schrauben noch mit der
Führung einer Fabrik Erfahrung hatte, gab
er für diese neue Aufgabe seine satten
Pensionsansprüche auf und arbeitete
nebenbei als Rechtsanwalt, um finanzielle
Sicherheit zu gewinnen. Als Ausgleich
betrieb er neben der Firma eine Galerie für
zeitgenössische Kunst. „Nach sieben
Jahren hatten wir mit nur noch neun
Mitarbeitern die schwarze Null geschafft.
2001 hatten wir wieder 55 Beschäftigte,
alle aus dem Ostteil Berlins. Wir besaßen
hochmoderne CNC-Automaten, teilweise
aus der Schweiz, die mit einer Genauigkeit
von einem tausendstel Millimeter
arbeiteten, während es vorher gerade mal
ein zehntel Millimeter war. Wir stellten
statt Schrauben spezielle Drehteile für die
Elektro- und Autoindustrie her und
fertigten für hochwertige
Markenschreibgeräte“, blickt Kromarek auf
seinen unternehmerischen Erfolg zurück.
Er war daneben noch Vize-Vorsitzender
vom „Wirtschaftskreis Köpenick“ und hat
dabei die „Hauptmann-Garde“ als neues
Aushängeschild mit erfunden. „Da die
Uniformen sehr teuer zu erstehen waren,
wurden dafür unter anderem Bilder von mir
versteigert.“
Autor, Maler, Fabrikant und Jurist |
Stand Dezember 2014
Michael Kromarek schreibt fast wie weiland
Goethe noch brav mit Tinte und Feder.
Michael Kromarek brachte die väterliche Fabrik
auf Vordermann und initiierte die
Hauptmannsgarde.
Der kunstsinnige Jurist, Ex-Metallfabrikant und
frühere Galerist hat selbst an die 1000 Bilder
gemalt. Seine neueste Liebe gilt dem Cello.
Tegel im Visier
Seine große Liebe gilt Erkner und Berlin.
Als „Kind der Luftbrücke“, das sich noch gut
an die Versorgung durch die
„Rosinenbomber“ erinnert, hat ihm die
Schließung des Flughafens Tempelhof „sehr
weh“ getan. Nun gilt sein Kampf dem
Erhalt von Tegel als zweiten
Hauptstadtflughafen. Dazu hat er einen
Verein auf die Wege gebracht, der nun
anhand seines Gutachtens bewiesen haben
will, dass dies rechtlich möglich wäre. Ein
Verkehrsgutachten soll zeigen, dass Tegel
„die verkehrsmäßig und wirtschaftlich
optimale Ergänzung zum
unterdimensionierten Hauptstadtflughafen
BER“ ist. „Wenn der Senat das weiterhin
ablehnt, werden wir ein Volksbegehren und
notfalls einen Volksentscheid auf die Wege
bringen. Umfragen zeigen, dass 65 Prozent
der Berliner dafür sind. Für Erkner würde
dies bedeuten, dass dann trotz BER weniger
Flugzeuge über die Stadt donnern.“
Schöne Töne
„Das hätte für Michael Kromarek den ganz
privaten Vorteil, dass er sich ungestörter
dem neuen Hobby widmen kann. Gerade ist
der mittlerweile 70-Jährige dabei, Cello zu
lernen, um zusammen mit der Ehefrau am
Klavier in guter alter Tradition Hausmusik
zu machen. Das sieht er als Abwechslung
zum Malen, zur Arbeit als Autor, zum
Engagement für die Offenhaltung von
Tegel und zu den diversen Ausstellungen,
von denen 2014 eine im Rathaus Erkner zu
sehen war. Da fällt ihm gleich noch ein
weiteres Problem ein: „Irgendwie gibt es hier
zu wenig Möglichkeit für Kunst und Kultur.“
Man darf also gespannt sein, welche Projekte
der Erkneraner mit den vielen Herzen in der
Brust als nächstes auf die Wege bringt!
Infos:
Tel. 0 33 62/9 39 93 36