Eine Oper kann so lustig sein.
Zumindest für das Publikum. Ein
Erkneraner weiß das ganz genau und
kann mit Fug und Recht sagen, mit
vielen Wassern gewaschen zu sein.
Denn er gehört zu den ganz wenigen, die
von ihrer Rolle auf der Bühne so
„gefangen“ sind, dass sie nicht mal
Urgewalten wie Wasser stoppen können.
Wenn Felipe Rojas Velozo mal zu singen
anfängt, geht es bei ihm sogar aus den
Tiefen eines Pool ganz schnell wieder nach
oben. „Der ungewollte Sturz war
schmerzhaft. Das Orchester spielte
dennoch weiter, da konnte ich doch nicht
einfach aufhören“, erinnert sich der
weltweit gefragte Tenor. So entführte er
eben triefnass in die Höhen und Tiefen von
„La Traviata“.
Als Arbeitsloser verkannt
Mit Felipe Rojas Velozo hat sich in Erkner
ein Bühnenstar angesiedelt, der sehr oft
verkannt wird. „Wenn ich mal bühnenfrei
habe, genieße ich unser Grundstück in
Erkner. So kommt es, dass ich während der
Woche, wenn andere arbeiten, im Garten
sitze und den Grill glühen lasse. Dann
muss ich öfter von Spaziergängern hören:
Schau mal an, wieder so ein Arbeitsloser.“
Weltweit gefragt
Dabei ist der aus Chile stammende
Erkneraner ein internationaler Bühnenstar.
Felipe Rojas Velozo ist in Japan, den USA,
in Südamerika und Europa zu erleben.
Seine Spezialität sind italienische
Heldenopern, insbesondere die Werke von
Guiseppe Verdi. Rojas Velozo ist so
gefragt, dass er es sogar wagen konnte,
Bayreuth eine Absage zu erteilen: „In dem
Vertrag stand, dass ich während dieser Zeit
nirgends anders auftreten darf.
Andererseits war das Honorar mehr als
dürftig. Bei den Wagner-Festspielen denkt
das Management, dass die Ehre so groß ist,
dass die Künstler nicht noch Geld
beanspruchen können.“
Künstler des Jahres
Felipe Rojas Velozo stammt aus einem
musikalischen Elternhaus. „Meine Mutter
hat immer gesungen und ist auf
Veranstaltung aufgetreten.“ Mercedes
Velozo brachte ihn schließlich zu Gesang
und klassischer Musik. Der spätere Tenor
lernte Gitarre, wechselte mit 18 Jahren zum
Cello und wurde von einem italienisch-
stämmigen Musiklehrer für Gesang
entdeckt. Seine ersten Hauptrollen hatte er
mit 25 Jahren an der Oper von Santiago de
Chile, „der einzigen, die es im Land gibt“,
schmunzelt er. Er überzeugte als „Ismael“
in der Oper „Nabucco“ sowie in der
ebenfalls von Guiseppe Verdi stammenden
Oper „La Traviata“ als „Alfredo“. 1996
wurde er als „Bester chilenischer Künstler
des Jahres“ ausgezeichnet. Ein deutsches
Gastspiel-Unternehmen warb ihn daraufhin
für eine Europatournee an. Felipe kam, sah
und blieb. Daran „schuld“ ist nicht ganz
unerheblich eine ebenfalls musikbesessene
Cottbuserin.
„Da ist mein Papa!“
Christiane Rojas Velozo kann auf
Urgroßeltern verweisen, die damals das
Cottbuser Theater durch ihre Spenden
ermöglichten. Der Vater spielte Trompete
und war im Orchester des Theaters. Ihre
einschneidende musikalische Erfahrung
war, als der Vater sie bei „Aida“ im
Zuschauerraum unterbrachte. Das Erlebnis,
ihn dann beim Triumphmarsch in
schillernder Uniform über die Bühne
ziehen zu sehen, haute sie derart um, dass
sie spontan durchs ganze Theater schrie:
„Da ist mein Papa!“
Ohne Englisch nach London
Die Cottbuserin erhielt früh eine
musikalische Ausbildung am Klavier.
Zudem hatte sie ein gesundes
Selbstbewusstsein. „Ich bin für ein
Studium nach England gegangen, ohne ein
Wort englisch zu können. Da mir klar war,
dass ich in den sechs Wochen vorher keine
Fremdsprache lernen kann, bat ich eine
befreundete Lehrerin, mir wenigstens die
Grundzüge der Grammatik beizubringen.
Damit schaffte ich, Sätze und Wörter in der
mündlichen Prüfung so umzustellen, dass
ich gerade noch bestand. Leider hatten sie
sich dann am Theater aber ausgerechnet ein
englischsprachiges Stück von Benjamin
Britten ausgesucht. Da hatte ich es mehr als
schwer, fast wäre ich geflogen, weil
meine Aussprache so schlecht war.“
Dennoch schaffte sie den Abschluss mit
Bestnoten und landete schließlich am
renommierten Staatstheater in der Baden-
Württembergischen Hauptstadt Stuttgart.
Heißer Macbeth
Dessen spanischsprachige Direktorin hatte
damals den jungen Tenor aus Chile unter
ihre Fittiche genommen. Sie wollte ihn für
„ihren“ „Macbeth“ einsetzen. Dazu
brauchte Rojas Velozo eine Korrepetitorin,
die am Klavier zum Einüben für den
Sänger das Orchester ersetzt. Ein Anruf
genügte, der Rest war Liebe auf den ersten
Blick. Geübt wurde viel, viel mehr, als
„Macbeth“ je verlangt hätte. Das Ergebnis
kann sich sehen lassen, auf der Bühne und
im „richtigen“ Leben. Davon zeugen die
drei Kinder. Enrique ist neun Jahre alt,
Fernando sechs und Raffael mit
zweieinhalb
Jahren das Nesthäkchen. „Wir nehmen sie
zu Proben mit, ansonsten ist das
Familienleben in einem Künstlerhaushalt
nur mit straffer
Organisation zusammen zu halten“, ist sich
das Ehepaar Rojas Velozo einig. Dazu
gehören der Einsatz von gleich drei
Kindermädchen und ein Kitaplatz.
Musik und Wasser
Wer soviel Erfahrung mit Kindern und
Musik hat, sollte diese aber nicht nur für
sich behalten. Deshalb engagierte sich
Christiane Rojas Velozo in Erkner in einer
„Kind-Eltern-Gruppe“, um Musik in die
Kinderzimmer zu bringen. Außerdem
pendelt sie regelmäßig nach Marzahn, um
in einer „Brennpunktschule“ mit schönen
Tönen Entspannung in den Alltag der
Kinder zu bringen. „Ich hatte ein sehr
verlockendes Angebot von der Staatsoper
Unter den Linden und mich nun für die
Anstellung in der Schule entschieden,
damit Zeit für die Familie bleibt“, gibt sie
Einblick in die spezifischen Probleme des
Künstlerlebens.
Im wasserreichen Erkner findet das
ungewöhnliche Künstlerehepaar um den
mit vielen Bühnenwassern gewaschenen
Star-Tenor seit mittlerweile sieben
Jahren die ganz persönliche Entspannung.
„Wir hatten uns in den Ort verliebt, als ich
ein längeres festes Engagement bei der
Deutschen Oper hatte“, berichtet Felipe
Rojas Velozo. „Schließlich bringt Wasser
nur auf der Bühne Unglück, im Leben tut
es gut!“
Infos:
www.feliperojasvelozo.com
Tel. 01 71/4 15 88 74
Feuchtes Erlebnis auf der Opernbühne |
Stand Dezember 2014
Christiane Rojas Velozo und Star-Tenor Felipe
Rojas Velozo lieben nach feuchtem Erlebnis auf
der Bühne das wasserreiche Erkner.
Der Wahl-Erkneraner ist weltweit auf den
Opernbühnen gefragt. Insbesonders die
italienische Heldenoper hat es ihm angetan.