Ein Unglück kommt selten allein, dieses
Sprichwort erfüllte sich für einen Bau
arbeiter in Falkensee auf
äußerst schmerzhafte Weise.
„Der Schauplatz war eine ganz normale
Einfamilienhaus-Baustelle. Dort sollten
Dachsteine angeliefert werden. Dazu hatte
die Firma einen LKW gesandt. Als der
Arm des Ladekrans mit seiner
tonnenschweren Last über dem Haus
schwebte, löste er sich und klemmte einen
50-jährigen Bauarbeiter in mehr als sechs
Meter Höhe auf dem Gerüst ein“,
beschreibt Daniel Brose als Chef der
Falkenseer Feuerwehr die Situation bei
dem spektakulären Einsatz im Mai 2012.
Dramatische Situation
Die Lage war dramatisch: Einerseits drohte
das Gerüst einzustürzen und musste
abgesichert werden. Andererseits galt es,
das Unfallopfer möglichst schnell zu
befreien. „Das Problem war, dass wir
keinen so leistungsfähigen Kran in unserer
Ausrüstung haben. Deshalb baten wir die
Berufsfeuerwehr in Berlin um Hilfe“,
berichtet Daniel Brose.
Zwei Stunden Wartezeit
Damit setzte sich die Kette von
unglücklichen Umständen fort: „Deren 40-
Tonnen-Kranwagen geriet auf der
Stadtautobahn in einen Stau, der durch die
Vollsperrung nach einem Unfall ausgelöst
worden war. Dadurch dauerte es zwei
Stunden, bis er bei uns war. Nun galt es
mit höchster Präzision das Opfer zu
befreien. Der Mann musste reanimiert
werden und kam mit dem
Rettungshubschrauber ins
Unfallkrankenhaus Berlin“, beschreibt
Brose den weiteren Hergang. „Ich war
während der Zeit des Wartens vor allem
damit beschäftigt, psychologisch zu wirken
und dem Verletzten ständig Mut
zuzusprechen. Das Schlimmste wäre
gewesen, wenn der Mann die Hoffnung
verloren hätte, sich selbst aufgegeben hätte
oder sich über die lange Zeit klar gewesen
wäre, die er unter derart großen Schmerzen
mit einem tonnenschweren Kranteil auf der
Brust würde ausharren müssen.“
Extremer Einsatz
Der Dachdecker konnte schließlich gerettet
werden. Bürgermeister Heiko Müller
sprach im RBB „von einem der extremsten
Einsätze“ der Falkenseer Feuerwehr. „Bei
dieser komplizierten Unfallsituation in
großer Höhe arbeiteten Feuerwehr,
Rettungsdienst und Notarzt Hand in Hand.
Unter dieser Extremsituation funktionierte
das Team perfekt“, hoben die Juroren
hervor, die die Helfer aus Falkensee als
Deutschlands „Feuerwehr des Jahres in der
Kategorie Rettung“ mit dem renommierten
„Conrad Dietrich Magirus Preis“
auszeichneten.
Feuerwehr-Familie
Der 40-jährige Daniel Brose ist erst seit
Juni 2011 Stadtbrandmeister von
Falkensee. Er stammt aus einer
traditionsreichen Feuerwehrfamilie, die
ihre Wurzeln in Staaken hat. „Schon der
Opa war in der Feuerwehr, die Eltern
ebenfalls“, zählt er auf. Seine Freundin
Carolin Conrad hat viel Verständnis für
den unregelmäßigen Dienst, haben die
beiden sich doch über die Jugendfeuerwehr
kennen und lieben gelernt.
Schockierende Einsätze
Falkensees Stadtbrandmeister hat bei
seiner vorherigen Tätigkeit bei der
Berufsfeuerwehr Berlin viel Erfahrung
gesammelt. Dazu gehörte der
schockierende Einsatz, als 2002 bei einem
Zeltlager der Jugendfeuerwehr auf der
Insel Schwanenwerder zwei
Jungfeuerwehrleute ums Leben kamen. Ein
15-jähriger Junge aus Frankfurt am Main
und ein Zwölfjähriger aus Berlin
Müggelheim waren während eines
Unwetters, das über ganz Deutschland
fegte, von umstürzenden Bäumen erdrückt
worden. „Das Schwerste ist, solche Bilder
wegzustecken, damit sie einem nicht den
Schlaf rauben“, gibt Brose Einblick in die
Arbeit der Retter. „Unfälle mit Kinder sind
das Schlimmste!“
Herrenlose Kutsche
Kaum in Falkensee in „Amt und Würden“
hatte Brose gleich einen höchst
ungewöhnlichen Einsatz: „Eine
Pferdekutsche raste mit zwei Kindern von
der Dallgower Straße herrenlos durch
Falkensee, da die Pferde durchgegangen
waren.“ Die 51-jährige Kutschführerin war
überrollt worden. Ein Mädchen war
geistesgegenwärtig abgesprungen, zwei
Jungs saßen in dem führerlosen Kremser-
Gespann. Beim Gesundheitszentrum in der
Bahnunterführung rammten die Pferde
einen Kleinbus und konnten durch den
Rentner Otto Tess, der zufällig zur Stelle
war, gestoppt werden. „Wir mussten
einerseits die verletzte Frau versorgen und
uns um die Kutsche kümmern. Dabei wird
die Feuerwehr für den Einsatz mit Pferden
in unserer Zeit nicht mehr speziell
ausgebildet. Da war es ein großes Glück,
dass eine Person, die Ahnung von Pferden
hat, zufällig vor Ort war“, erinnert sich
Brose, der damals gerade ein paar Tagen
auf dem Chefposten war.
Tägliche Einsätze
Die „Feuerwehr des Jahres“ kann auf 21
hauptamtliche und 61 ehrenamtliche Helfer
zurückgreifen. In der Jugendfeuerwehr
sind 26 Aktive. An Einsätzen mangelt es in
der Gartenstadt im Grünen nicht. „Wir
rücken im Jahr etwa 350 Mal aus, also fast
täglich. Brände sind dabei die Seltenheit.
Meistens geht es um Rettungseinsätze,
oftmals verursacht durch Naturereignisse.
Verkehrsunfälle kommen ebenfalls häufig
vor“, resümiert der Stadtbrandmeister.
Wenig Verständnis hat er für Menschen,
die die Bahnschienen wählen, um ihrem
Leben auf spektakuläre Weise ein Ende zu
bereiten: „Für die Angehörigen ist das eine
sehr schlimme Sache. Im Endeffekt kommt
dann zum furchtbaren Ereignis noch eine
dicke Rechnung der Bahn für die Kosten
der Betriebsstörung!“
Neue Rettungswache
Nun freuen sich die Helfer auf die
Verbesserung ihrer Arbeit durch die neuen
Rettungswache, die gerade im Bau ist. Ob
sich an der Alarmierung ebenfalls etwas
ändert?
Alarm per Fax
Die mutet nämlich ziemlich antik an: „Die
Alarme laufen in der Notrufzentrale in
Potsdam auf und werden uns per Fax
übermittelt“, verblüfft Daniel Brose. Wer
würde denken, dass das Zeitalter moderner
Kommunikation offenbar vor so einem
wichtigen, lebensrettenden Bereich
irgendwie Halt gemacht hat und dort
immer noch Technik auf dem Stand von
vor 30 Jahren zum Einsatz kommt!