Fulminanter kann man eine Karriere kaum
starten: Ein Falkenseer vollbrachte das
Wunder, bereits mit seinem ersten Film zu den
internationalen Festspielen nach Cannes
eingeladen zu werden.
Mit dem Nachkriegsdrama „Kolp –
Schwarzmarkt, Swing und große Träume“ trat
Frank Röth mit jugendlichem Leichtsinn in die
Fußstapfen von Nouvelle-Vague-Mitbegründer
Claude Chabrol, indem er wie dieser sein Erbe
einsetzte, um sich den Lebenstraum vom
eigenen Kinofilm zu erfüllen. Allerdings war es
bei Röth ein vorgegriffenes Erbe, in Form einer
Hypothek auf Opas Häuschen!
Erfolg in Cannes
Sein Erstlings-Streifen war so imponierend, dass
er 1985 in Cannes erhebliche Aufmerksamkeit
erzielte. Bundesfamilienministerin Rita Süßmuth
zeichnete den Kinofilm anschließend mit dem
„Deutschen Jugendvideopreis“ aus. „Leider blieb
der Kassenerfolg im Kino dennoch aus, so dass
ich zehn Jahre lang an der Rückzahlung des
Kredits zu knabbern hatte“, erinnert sich Frank
Röth zurück. „Der Film hatte damals 200 000
Mark an Produktionskosten verschlungen. Für
einen Spielfilm ist das nicht viel, wenn man es
zurückzahlen muss,
eine ganze Menge!“
Junge Super-Stars
Dabei war „Kolp“ mit hochkarätigen
Schauspielern besetzt: Zu den „Stars“ gehörten
Katja Flint, Heiner Lauterbach und Ottfried
Fischer. Heute würde dieses Star-Aufgebot den
Kinoerfolg sicherstellen. Doch damals, 1985,
waren die Schauspieler gerade am Anfang ihrer
Karriere und weitgehend unbekannt. „Deshalb
hatten alle ohne Gage gespielt. Unseren
Lebensunterhalt verdienten wir am damaligen
„Kleinen Theater“ in München, wo wir für 20
Mark am Abend in der „Feuerzangenbowle“
auftraten. Meistens gab es aber nur zehn Mark,
weil das Theater ständig klamm war“, erinnert
sich Röth zurück.
30 Jahre vor der Kamera
Heute ist Frank Röth als nuancenreicher Film-
Bösewicht bekannt, den man vor allem aus dem
Fernsehen kennt. Dieses Jahr blickt er auf sein
30. Jubiläum als Schauspieler zurück. Daneben
ist er als Synchronsprecher gefragt und
gelegentlich als Drehbuchautor aktiv. „Das ist
allerdings so schlecht bezahlt, dass ich mich nur
manchmal dazu hinreißen lasse“, gesteht er.
Geldhahn abgedreht
Röth stammt aus Weinheim an der Bergstraße
und kam 1979 nach München, um Tiermedizin zu
studieren. Schnell tauchte er in das „Dolce Vita“
der Stadt ein. „Ich war das erste Mal in meinem
Leben in einer Großstadt. Ich habe viele Leute
aus Theater und Film kennengelernt“, erinnert er
sich. Dabei freundete er sich mit späteren Stars
wie Heiner Lauterbach und Ottfried Fischer an.
„Ich ließ mich vom Bühnenfieber anstecken, warf
nach drei Semestern das Studium hin. Daraufhin
drehte mir mein Vater den Geldhahn ab und ich
musste mich selbst durchschlagen.“ Als Glück
erwies es sich, dass er in einem Synchronstudio
jobben konnte und am Schneidetisch angelernt
wurde. „Von diesem Geld konnte ich privaten
Schauspielunterricht nehmen, denn ich wollte vor
der Kamera und dem Mikrofon stehen!“
Produzent mit 24 Jahren
Das schaffte er mit „Kolp“, wo er mit gerade
einmal 24 Jahren als Hauptdarsteller,
Drehbuchautor und Produzent wirkte. Mit diesem
Film nach Erzählungen seines Vaters aus der
Nachkriegszeit startete sein Freund Roland Suso
Richter seine Karriere als Regisseur. Er wurde
später mit Filmen wie „Bubi Scholz Story“, „Der
Tunnel“, der internationalen Produktion „The I
inside“ und dem Fernseh-Zweiteiler „Dresden“
bekannt. Trotz des finanziellen Debakels von
„Kolp“ wagte Röth 1986 den Sprung in die Ehe.
Conny Röth ist gelernte Modegrafikerin und war
in der Kostümwerkstatt der Münchner Oper tätig.
Bald kam Nachwuchs. „Das brachte die
Notwendigkeit eines festen Einkommens mit
sich, das man als Schauspieler, wo man mal
beschäftigt ist und dann wieder nicht, kaum
erreichen kann. Deshalb setzte ich immer parallel
auf Synchronarbeiten.“
Deutscher Lincoln
Längst gehört er zu den „Stars hinter den Stars“.
So war er bei Harry Potter als Stimme von
Professor Remus Lupin gefragt. Bei dem vielfach
ausgezeichneten französischen Erfolgsfilm
„Ziemlich beste Freunde“ leiht er François
Cluzet für dessen Hauptrolle als „Philippe“ seine
Stimme. Sein Ruf ist so beachtlich, dass er sogar
in Hollywood gefragt ist. Steven Spielberg suchte
ihn persönlich als deutsche Stimme für Lincoln-
Darsteller Daniel Day-Lewis aus.
Gut oder böse?
Als Schauspieler verkörpert Röth vielfach die
Rolle des Bösewichts. Das macht er mit einem
lachenden und einem weinenden Auge: „Die
Zuschauer mögen natürlich lieber die Guten. Die
Bösen beinhalten aber die interessanteren
Rollen!“ Zu den über hundert Produktionen
gehört die amerikanische Serie „Dirty Dozen“,
die 1988 von MGM produziert wurde. Röth trat
in Kult-Serien wie „Sperling“, „Der Alte“, „Soko
5113“ und natürlich immer wieder im „Tatort“
auf. Er war im 13-teiligen Erfolgsfilm „Die
zweite Heimat“ von Edgar Reitz zu sehen, der
1992 auf dem Filmfestival von Venedig mit dem
„Spezialpreis“ ausgezeichnet worden war. 2010
wurde sein erstes Theaterstück „Die Nadel der
Kleopatra“ mit Cosma Shiva Hagen im Berliner
Schlosspark-Theater uraufgeführt.
Von Falkensee fasziniert
Nach Falkensee brachte ihn ein Besuch bei
seinem Freund, dem Regisseur Edzard Onneken.
„Ich war sofort von der Weite, den alten Villen
und der individuellen Bebauung fasziniert. Ich
wusste, hier will ich wohnen.“ Damit hat die
Gartenstadt seit 2009 einen begeisterten
„Bösewicht“ gewonnen. Seine jüngste Tochter
Olivia Röth ist 17 Jahre alt und geht auf das
„Vicco-von-Bülow-Gymnasium“. Davon ist der
berühmte Papi völlig fasziniert: „In Bayern
herrscht ein Schulsystem, in dem die Kinder vom
frühesten Alter an ausgesondert werden. Dadurch
ist es für das Bundesland leicht, einen guten Pisa-
Durchschnitt zu ereichen. In Falkensee habe ich
das Gefühl, dass man versucht, jeden
mitzunehmen. Am Gymnasium meiner Tochter
gibt es nur engagierte Lehrer und eine tolle
Schulleiterin. Ich war völlig von den Socken als
mir Olivia gestand: ‚Ich liebe meine Schule.’ Das
hat keines meiner anderen Kinder jemals gesagt.“
Er ist so von der neuen Heimat begeistert, dass er
weitere Künstler aus seinem Freundeskreis zum
Umzug von München in die Gartenstadt
überzeugte.
Zu Fuß zum Dreh
In Falkensee hat Frank Röth noch eine weitere
ganz ungewohnte Erfahrung gemacht: „Ich
konnte zu Fuß zum Drehort.“ Röth war für die
Hauptrolle des Meinolf Brinkhammer in der
ZDF-Produktion „Lotta & die großen
Erwartungen“ engagiert. Regie führte sein
ebenfalls in Finkenkrug ansässiger Freund
Edzard Onneken. „Drehort war eine Villa gleich
um die Ecke“, strahlt Frank Röth.Seine Freude an
Film und Fernsehen hat sich sichtbar auf den
Nachwuchs übertragen. Tochter Lisa Röth, 27, ist
Regie-Assistentin und war bei Serien wie „Die
Rosenheim-Cops” tätig. Tochter Marilena Röth,
22, nähert sich als Kulturwissenschaftlerin dem
Thema an. Sohn Julian Röth, 24, studiert
hingegen in Potsdam Architektur. „Das
Faszinierende am Film ist, dass hier alles möglich
ist. Das sieht man gerade an Christoph Waltz. Er
avancierte in nur zwei Jahren zum Weltstar.“
Einige Grenzen scheint es aber selbst in der Welt
des Scheins zu geben: „Ich hätte immer gerne
mal in ‚Die drei Musketiere‘ mitgespielt. Aber
nun bin ich zu alt.“