Stand September 2009
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Mit 60 neue Karriere in der Mode
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Kunst für alle, das könnte das Motto einer ungewöhnlich vielseitigen Hohen Neuendorferin sein.
Viele Gebäude tragen ihre Handschrift, nun können sich modebewusste Frauen mit den Schöpfungen aus der Stadt vor den Toren Berlins schmücken. Und sie werden ihr aus den Händen gerissen!
„Der Mensch braucht den Anreiz durch Materialien und Oberflächen, die direkt auf die Sinne wirken“, fasst Fanna Kolarova den Leitfaden ihrer Arbeit zusammen. 2009 kann sie gleich
ein doppeltes Jubiläum feiern: Sie selbst wird 60, was man ihr nicht ansieht und sie ist seit 30
Jahren von Hohen Neuendorf aus aktiv, wo „die Liebe“ sie hinführte.
Notorische Frühaufsteherin
Ganz ungewöhnlich für Künstler ist die Mutter zweier Söhne und „Oma“ zweier„süßen Enkel“ notorische Frühaufsteherin. Und das, obwohl Fanna Kolarova gerade soeben die Leidenschaft des
Nachtlebens in Form einer ganz ausgeprägten Leidenschaft für den lateinamerikanischen Kulttanz Tango für sich entdeckt hat: „Die Tanzabende gehen oft bis in den frühen Morgen“, schmunzelt sie.
Sie empfängt in ihrem modernen Eigenheim, das „ich größtenteils selbst gebaut habe“, strahlt sie. Ihr Atelier besticht durch geschickt gesetzte Fenster, die natürliches Licht ohne Ablenkung von draußen in den Raum lassen.
Pinsel und Nähmaschine
Schließlich muss sie den Überblick zwischen Nähmaschine und Pinsel, Schere und Staffelei, zwischen Stoffen, Pappe, Papier und
anderen Materialien behalten. Dicht an dicht stehen Bilder, es dominieren warme
Farbtöne, viel Rot und Gelb. Die Motive sind Menschen in Bewegung. Die Übergänge vom Figürlichen ins Abstrakte sind fließend und die Bilder dadurch sehr spannend.
Fanna Kolarova hat sichtbar ihre eigene Handschrift, die von Privatsammlern in
vielen Teilen der Welt geschätzt wird. „Zuletzt habe ich Bilder nach Tokio verkauft“, strahlt sie. Zum Malen verwendet sie nur Ölfarben, das neu-modische Acryl ist ihr ein Gräuel, „weil ich um mich herum keine Chemie vertragen kann“, so ihre Begründung.
Couture mit Kunst-Appeal
Daher ist es konsequent, dass sie für ihre Mode auf Stoffe aus Naturseide und Leinen setzt. Dennoch wirken die
Kleider und Kostüme zart und elegant, gleichzeitig einfach und spannend, eben wie die Bilder. „Ich lasse mich von den Ideen und Wünschen der potenziellen Käuferinnen beeinflussen, doch im Endeffekt stelle ich das Kleid so her, wie ich
es mir vorstelle. Wenn es dann nicht gefällt, behalte ich es eben und verkaufe es an jemand anders.“ Allerdings, dieses Problem hatte sie noch nicht!
Die neuen Leidenschaft für filigrane Mode ist um so erstaunlicher, weil das Herz von Fanna Kolarova ursprünglich für Architektur schlug.
Vom Franz-Club zur Telekom
Mit „Kunst am Bau“ gibt sie Gebäuden ein ganz besonderes Flair, seit sie von Sofia nach Hohen Neuendorf umzog.
Eine ihrer ersten Arbeiten war die Ausgestaltung des großen Saals des Ostberliner Jugendclubs „Ernst Franz“ zu den Weltjugendfestspielen 1973. Der „Franz-Club“ in Räumen der ehemaligen Schultheiß-Brauerei in Prenzlauer Berg wurde später zum legendärer Treffpunkt der Ostberliner Musikszene.
Andere Arbeiten betrafen so unterschiedliche Objekte wie das Stahlwerk
Hennigsdorf oder ein Fries an einem Wohnhaus in Oranienburg. Nach der Wende
wurde sie Preisträgerin einer Ausschreibung für ein Hexenverfolgungs-Denkmal in Gelnhausen bei Frankfurt am Main. Ihr Entwurf
wurde dort realisiert und mit viel Beifall aufgenommen. Die Deutsche Telekom
lud die Hohen Neuendorferin in ihre Direktion nach Potsdam, um dort Räume auszugestalten.
Gebetsräume für jeden Glauben
Für die Charité sollte sie zwei Gebetsräume gestalten, einen weiteren für das Westend-Krankenhaus.
„Das war ein schwieriges und damit ungemein reizvolles Thema. Die Räume sollten viele Funktionen haben: Sie sollten Menschen unterschiedlichster
Religionen, also Christen, Muslime, Juden und Buddhisten, ansprechen.
Sie sollten einen Raum bilden, wo schwierige Gespräche um Leben und Tod stattfinden können, einen Raum, der zugleich Geborgenheit ausstrahlt und Meditation zulässt. Das alles war mit Licht und Farbe zu erreichen. Ich habe ein Glasmosaik
erstellt, habe Lehmputz und Stoffe eingesetzt, habe versucht, mit Möblierung und Malerei eine Atmosphäre zu erzeugen, wo man sich wohlfühlen kann und dennoch ernstes Nachdenken möglich ist“, berichtet Fanna Kolarova von der ungewöhnlichen Aufgabe.
Feuerfeste Kunst
Diese spannungsvolle Arbeit fand uneingeschränkten Beifall, so dass sie nun als Folge das Angebot hat, in einer Psychiatrie
einen „Raum der Stille“ zu gestalten.
„Das ist nochmals eine Spur schwieriger, denn an die verwendbaren Materialien
werden ganz besondere Anforderungen gestellt, was zu erheblichen Einschränkungen führt: Sie müssen feuerfest sein und jede Verletzungsgefahr ausschließen.“
Grenzen sprengend
Die Kunst von Fanna Kolarova ist grenz- und systemübergreifend interessant. So war sie in der DDR und nach der Wende gefragt.
Damals war sie Sprecherin der Brandenburger Künstler. Sie hat Fans in Paris, Wien, Sofia und Basel. In der französischen Metropole ist sogar in einem Rathaus ihre künstlerische Handschrift zu erleben. Sie war 2008 mit einer eigenen Kollektion bei der Designmesse des
Frauenmuseums in Bonn vertreten. Ihre Ausstellungen, meist in Berlin, Sofia
oder Potsdam, gelten als Geheimtipp.
Gerade ist sie dabei, ein Zweig-Atelier in der Husemannstraße im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg einzurichten. Dann kann tragbare Mode
mit dem Gütesiegel „made in Hohen Neuendorf“ noch mehr Verbreitung finden.
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