erleben würden? Als Autorin von Büchern, die selbst in der schrillen Welt der erotischen Literatur
einen ungewöhnlichen Platz belegen.
Astrid Martini hat 15 Jahre lang in der Kita dafür gesorgt, dass die Kleinen wohlbehütet und mit viel Spaß
aufwuchsen. Angst und Schrecken hat sie nie verbreitet. Der Rohrstock, wie so
oft in alten Büchern
beschrieben, war gar nicht vorhanden. Doch irgendwie muss in der sanften jungen
Frau noch eine andere
Ader versteckt gewesen sein.
Schluss mit niedlich!
Denn wenige Jahre nach dem Ausscheiden aus der Welt von Plüschteddys, niedlichen kleinen Stühlchen,
Schnullern und Bauklötzchen tritt sie mit ungewöhnlicher Literatur ins Scheinwerferlicht. Die mittlerweile in
Hohen Neuendorf ansässige Katzenliebhaberin begeistert tausende von Lesern mit Einblicken in eine
Form
von Erotik, die sie sich für ihr eigenes Liebesleben nicht vorstellen kann. Es geht um „Lustschmerz“, um
das, wofür der berüchtigte Marquis de Sade einst in den Kerker geworfen wurde. Astrid Martini
hingegen
hat mit ihren Romanen die Tür für ein Genre geöffnet, das sensationellen Durchbruch in Deutschlands
Wohn- und sicher manchmal auch Schlafzimmern erzielte.
Sex aus Frauensicht
„Erotische Romane dieser Art war man von Frauen nicht gewöhnt. Heute ist das ein Trend, wenn man nur
an Bücher wie ‚Feuchtgebiete’ denkt“, ist sich die Erfolgsautorin ihrer Pionierarbeit als „Türöffner“ für ein
neues Genre bewusst. Astrid Martini war im fernen Bad Neuenahr 15 Jahre lang in
ihrem Traumberuf als
Erzieherin in Kitas tätig. Sie träumte schon damals davon, zu schreiben. Es sollte natürlich ein
Kinderbuch werden. Denn die kinderlose Blondine hatte sich mit allen Fasern dem
Beruf verschrieben. Das
hing ihr sogar noch nach, als sie das geschützte kleine Kitaleben mit Richtung Ägypten verließ, wo sie 1996
in einer Hotelanlage im beliebten Badeort Safaga am Roten Meer die
Kinderbetreuung für Touristen
übernahm.
Kinderbuch auf dem Holzweg
Als sie, zurück in Deutschland, Verlage für die Idee ihres Kinderbuchs zu begeistern suchte, lehnten die
unisono ab: „Die sehen nur nach den USA, was dort gefragt ist und übersetzen es dann“, fand Astrid Martini
desillusioniert heraus. Doch nicht alle winkten einfach ab: „Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen kann,
Geschichten für Erwachsene zu schreiben.“ Das Talent war offenbar vorhanden. Astrid Martini erfand nach
festgelegtem Gerüst bittersüße Liebesgeschichten, die in angesagten Heften wie „Julia“ oder „Baccara“
Monat für Monat vor allem Frauen begeisterten.
Bitter Moon öffnet den Horizont
Schlüsselerlebnis für Astrid Martini war ein Kinobesuch: „Bitter Moon“ von Roman Polanski entführte in
ganz andere Facetten von sexueller Begegnung, als Astrid Martini in ihren
erfolgreichen Liebesromanen es
tat. „Allerdings spielt Erotik dort ebenfalls eine wichtige Rolle.“ Der Film brachte sie auf die Idee, mehr in die
Welt von „Dominanz und Unterwerfung“ einzutauchen. Ob da genau das anzog, was sie für sich persönlich
strikt ablehnt? „Ich habe immense Angst vor Schmerzen, könnte dabei niemals Lust empfinden“, sagt sie.
Zufälligerweise stieß sie damals auf Frauen, die dabei waren, Neuland zu betreten. Mit ihrem Verlag „Plaisir
d‘Amour“ wollte das kleine Team um Angela Weiß ein Podium für Erotik aus weiblicher Feder schaffen, wie
es das bisher in Deutschland nicht gab.
Riesenerfolg mit „Zuckermond“
Bereits der erste Roman von Astrid Martini wurde ein großer Erfolg. „Zuckermond“ spielt im mondänen
Milieu von attraktiven Callboys und reichen gelangweilten Frauen. Der Roman
erschien 2006. Kurze Zeit
später erkannte der Ullstein-Verlag die Chancen auf einen neuen Trend und brachte
das Buch in einer
Lizenzausgabe auf den breiten Markt. Mit über 100 000 Exemplaren wurde „Zuckermond“ zu einem
Riesenerfolg, der den Weg bereitete für spätere Bestseller wie „Shades of Grey“, was erst 2011, also satte
fünf Jahre später, erschien. Astrid Martini, mittlerweile längst der Liebe wegen in Hohen Neuendorf
ansässig, war Erfolgsautorin und Trendsetterin geworden. Sie kam auf Platz 3 in der
Amazon-Bestenliste
und auf Platz 1 bei Erotikbüchern. Beim Ullstein-Verlag standen die Druckerpressen kaum mehr still.
Inzwischen ist die vierte Auflage im Handel.
Trendsetter für heiße Romane
Beflügelt von diesem Erfolg hat die mittlerweile 49-Jährige mit großem Fleiß eine ganze Reihe weiterer
Erfolgsromane verfasst. Dazu gehören „Engel der Schatten“, „Mondkuss“, „Feuermohn“, „Eisrose“ und „Der
Schneekönig“. Eine Besonderheit stellt das Fotobuch „Schwanensee“ dar, wo das bekannte Ballett erotisch
in geschmackvollen Fotos untermalt mit Texten von Astrid Martini umgesetzt
wurde. Obwohl sie mit ihrer
Erotik aus Frauenhand mittlerweile nicht mehr alleine in der Literaturwelt
steht, ist das Interesse der
„großen“ Verlage an ihrer Arbeit nach wie vor immens. Neben dem Ullstein-Verlag sorgte
der Heyne-Verlag
dafür, dass die heißen Romane weite Verbreitung finden.
Schreiben ohne Zwang
Das mag an der natürlichen Authentizität der Geschichten liegen, denn die Hohen Neuendorferin gibt sich
selbst kein Konzept vor: „Wenn ich anfange zu schreiben, weiß ich selbst nicht, was aus den Figuren wird.
Die entwickeln dann ein Eigenleben, oft ganz anders, als ich es mir ursprünglich dachte“, beschreibt sie
ihre ungewöhnliche Arbeitsweise. Da merkt man eben doch die Wurzeln aus der Zeit als
Erzieherin, wo sich
der Tag ebenfalls kaum in allen Details planen lässt, denn wer weiß schon am Morgen, was den Kleinen am
Tag so alles einfallen könnte?
Mit hartem Sex in die Bücher-Hitlisten
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