Stand Oktober 2010
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U-Bahn nach Kleinmachnow?
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Eine U-Bahn nach Kleinmachnow, fast wäre es dazu gekommen. Denn ursprünglich war geplant, die Gemeinde in die „Metropolregion“ der Großstadt Berlin so modern und komfortabel einzubinden, wie man das heute, 80 Jahre
später, gar nicht mehr zu träumen wagt.
Dies hat die Kleinmachnowerin Dr.-Ing. Celina Kress herausgefunden. Sie hatte
zusammen mit der Kunsthistorikerin Dr. Nicola Bröcker bereits 2004 das Buch „Südwestlich Siedeln“ über die Wurzeln von Kleinmachnow herausgebracht, das die Ortsentwicklung bis
1930 betrachtete.
Getrennte Wege
Nun beschritten die beiden Wissenschaftlerinnen, die privat befreundet sind,
getrennte Wege, um Kleinmachnow weiter unter die Lupe zu nehmen. Dr. Nicola Bröcker setzte das erste Buch fort und beschäftigte sich mit der architektonischen Entwicklung von 1920 bis 1945. Sie brachte
markante Villen und Eigenheime zum Sprechen, indem sie die früheren Erbauer aufspürte. „Die Leute sind teilweise über ganz Deutschland verstreut. Einige leben im Ausland. Viele waren erst
misstrauisch und dann froh, die schönen Erinnerungen an das Leben in Kleinmachnow nochmal aufleben lassen zu können. Sie hatten das oft durch den Trennungsschmerz verdrängt. Die meisten Personen, die ich interviewte, waren im Zuge des Mauerbaus
weggezogen“, beschreibt Dr. Nicola Bröcker.
Heraus gekommen ist ein hochinteressanter aufwändig hergestellter Band, der mit vielen Bildern Einblicke in Planen und Bauen
und in Lebenswelten des Vororts Kleinmachnow gibt. „Viele Leute haben mir ihre privaten Archive geöffnet und mir erlaubt, Fotos zu veröffentlichen.“ Das Buch erfreut sich seit Erscheinen im Sommer 2010 eines großen Zuspruchs.
Modernes Leben als Vision
Dieses hohe Interesse verdient mit Sicherheit ebenso die getrennte Arbeit von
Dr.-Ing. Celina Kress, die sich mit dem Bauunternehmer Adolf
Sommerfeld beschäftigt. „Er hatte die Vision vom Leben am Rande der Großstadt, in dem Gebiet, das wir heute als Metropolregion kennen.“ Sommerfeld kaufte in Kleinmachnow große Flächen und plante den Siedlungsbau, der den Ort heute noch kennzeichnet. „Sommerfeld wollte aber keine tote Siedlung auf der grünen Wiese entwickeln. Ihm ging es um gesundes und bequemes Leben am Rande von Berlin. Deshalb sollte Kleinmachnow an die U-Bahn nach Berlin angebunden werden. Seine Siedlungen sahen immer so aus, dass es dort Geschäfte, Cafés, Kino und Kulturmöglichkeiten geben sollte“, hat Celina Kress über den Baumeister, der Kleinmachnow und das südliche Berlin entscheidend prägte, herausgefunden. „Adolf Sommerfeld dachte in Kategorien, die wir heute mit den Begriffen Nachhaltigkeit und Ökologie verbinden“, ist die Architektin von dem modernen Ansatz fasziniert.
Krise als Chance
Und sie hat herausgefunden, dass der Mann, der den Kern von Kleinmachnow
entscheidend prägte, wusste, gegen den Strom zu schwimmen: „Er sah in
Krisen immer Chancen. So hat er den Ortskern von Kleinmachnow in den Jahren 1929 bis 1931 gebaut, in einer Zeit, wo in Deutschland die Bautätigkeit völlig am Boden lag. Er hatte preisgünstige, aber solide Typenhäuser für Familien im Angebot. Schließlich war er von den Bauhaus-Idealen fasziniert und mit Walter Gropius befreundet.“
Im ersten Bauabschnitt entstanden 250 Häuser, zur Fortführung kam es nicht mehr: „1933 erfolgte ein Anschlag auf sein Haus. Er erkannte, dass er als Jude um sein
Leben fürchten musste und floh erst in die Schweiz und später nach England. Nach dem Krieg wirkte er dennoch am Wiederaufbau von Berlin
mit.“
Detektivische Kleinarbeit
Celina Kress hat noch viele interessante Details herausgefunden, da sie in
detektivischer Kleinarbeit Erben in vielen Ländern, teilweise in den USA und in Israel ausfindig machte und zu
ihnen Kontakt fand.
Nun darf man gespannt sein, was die beiden Kleinmachnow-Fans Celina Kress und
Dr. Nicola Bröcker als nächstes über den beliebten Ort vor den Toren von Potsdam und Berlin herausfinden werden.
„Interessant wäre schon mal die Ortsentwicklung und Bautätigkeit nach der Wende zu betrachten“, schmunzelt Celina Kress, die selbst in einem Haus der Sommerfeld-Siedlung
wohnt.
Infos:
Dr. Nicola Bröcker Tel. 0 30/2 83 10 23 Dr.-Ing Celina Kress Tel. 03 32 03/7 17 71 | |||||||||||||
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