Stand November 2012
| |||||||||||
Feuerwehr für Rumänien!
| |||||||||||
Das Bundesverdienstkreuz ist ihm fast peinlich. „Dazu gibt es noch genaue Vorschriften, wie man es tragen soll“, schüttelt Kleinmachnows langjähriger Pfarrer den Kopf. Denn das, wofür er es bekommen hat, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.
„Als ich ins Augustinum gebeten wurde, wusste ich noch gar nicht, worum es geht“, erinnert sich Dieter Langhein an einen Moment, für den manch anderer viel geben würde. Und er fügt hinzu: „Es war jedenfalls gut, dass die Übergabe hier im Ort durch Landrat Wolfgang Blasig als Beauftragtem des
Ministerpräsidenten und des Bundespräsidenten stattfand. Ich wäre niemals ins Bundespräsidialamt gefahren, um mich dort mit anderen in großem Rahmen auszeichnen zu lassen.“
Völkerverständigung
Bei aller Verwunderung über die „hohe Ehre“, ganz spurlos ist sie doch nicht an ihm vorbeigegangen: „Sehr gefreut hat mich die sehr persönliche Würdigung durch Ministerpräsident Matthias Platzeck, der ausdrücklich hervorhob, dass wir uns für die Völkerverständigung einsetzen!“
Der Einsatz, um den es geht, ist die Rumänienhilfe, die die evangelische Kirchengemeinde von Kleinmachnow mit einem
festen Kern von gut einem Dutzend Helfer seit nunmehr 22 Jahren Jahr für Jahr durchführt. „Anlass waren Hilferufe von Menschen in Not, die an die Landeskirche gesandt
worden waren. Uns lag damals ein Schreiben eines Kindergartens in Brasov vor.
Das war 1989. Wir begannen zu sammeln und machten Päckchen. Doch in den Wirren der Wende blieb das alles liegen“, erinnert sich Dieter Langhein.
Ehefrau in Kleinmachnow
Der langjährige Pfarrer, der die Kirchengemeinde von 1990 bis zur Pensionierung 2008
betreut hatte, stammt aus Treuenbrietzen. Er hatte bereits eine Ehe hinter
sich, als er sich in eine Zahnärztin aus Kleinmachnow verliebte. Seit 1986 sind er und Angelika Langhein
verheiratet. Ein Jahr später konnte Langhein seine bisherige Wohnung in Klein Schwechten gegen den Künstlerort zwischen Potsdam und Berlin eintauschen. Schon bald saß er mit am Runden Tisch, als Leiter der Bürgergespräche während der politischen Wende 1989.
Ohne Papiere über die Grenzen
„Für mich war es klar, dass ich unsere Pakete selbst übergeben möchte. Ich will sehen, dass sie da ankommen, wo wir es geplant haben“, beschreibt er seinen damaligen Antrieb.
Langhein erinnert sich noch gut an die erste Fahrt: „Wir hatten natürlich keine Ahnung, was man für einen derartigen Ferntransport an Unterlagen und Papieren braucht. Wir sind
einfach losgefahren und hatten viel Glück, dass wir überhaupt über die Grenzen gelassen wurden! Dazu mussten wir etliche Packungen Kaffee und
Zigaretten einsetzen.“
Die Helfer aus Kleinmachnow waren nach ihrer ersten abenteuerlichen Reise von
den Zuständen vor Ort regelrecht geschockt: „Soviel Armut hatte ich noch nie hautnah erlebt!“, so Dieter Langhein. „Wir beschlossen spontan, regelmäßig zu kommen.“
Kleinmachnower Hilfs-Richtlinien
Dabei verständigte man sich auf Richtlinien, nach denen noch heute vorgegangen wird: „Ein Teil der Hilfe geht an Einrichtungen wie Kindergärten, Altenheime oder Krankenhäuser. Der Rest wird an Familien in Not ausgegeben, deren Bedarf wir durch
Kontaktpersonen vor Ort konkret ermitteln. Es gibt schließlich nichts Peinlicheres, als einem Beinamputierten zwei Schuhe zu schenken.“ Und noch einen Grundsatz haben die Helfer aus Kleinmachnow: „Es müssen alle Volksgruppen von unserer Hilfe profitieren. Wir hatten schon Angebote,
dass uns komplette LKWs voller Hilfsgüter zur Verfügung gestellt würden, aber unter der Bedingung, dass damit nur den deutschstämmigen Rumänen geholfen wird. Das lehnen wir strikt ab.“
Abwechslung
Die Helfer aus Kleinmachnow verstehen ihre Aktivität stets als Hilfe, damit die Empfänger eine Chance erhalten, sich auf eigene Beine zu stellen. Deswegen wird der
Ort regelmäßig gewechselt. Nach Brasov kamen Surani, Christian, Moldovita, Suveava, Vama,
Dumbraveni oder Valea Putnei in den Genuss der „Entwicklungshilfe“ aus Kleinmachnow. Es wurden Krankenhäuser unterstützt, eine Landarztpraxis initiiert und eingerichtet. „Der Versuch, eine Bäckerei in Gang zu bringen, scheiterte leider“, so der rührige Pfarrer. Dafür konnte er mit der Kleinmachnower Initiative immer wieder notleidenden Familien
auf die Beine helfen.
Feuerwehr auf langer Fahrt
Die Herbstfahrt 2012 sticht aus den bisherigen Hilfen heraus, denn nun ging es
darum, der Feuerwehr in Pojorita auf die Beine zu helfen. Dazu brachten
Kleinmachnows Feuerwehrchef Mario Grocholski und sein Kollege Andre Schüttky aus Ludwigsfelde zusammen mit Feuerwehrleuten aus den beiden Orten zwei
Fahrzeuge nach Rumänien und kümmerten sich um die Einweisung. „Alle waren gespannt, ob wir die lange Strecke ohne Pannen bewältigen könnten. Schließlich sind unsere Feuerwehrfahrzeuge normalerweise für den Kurzstreckeneinsatz gedacht“, so Mario Grocholski.
Kein Ende in Sicht
Mittlerweile sind die Helfer aus Kleinmachnow über 40 Mal vor Ort gewesen. Mit dieser langen Erfahrung und Kontinuität sind sie in ganz Deutschland einzigartig. Zu den Aktiven gehört Bürgermeister Michael Grubert, der bereits mehrere Transporte begleitet hat. Neben
den Kleinmachnowern, die vor Ort wirken, gibt es noch viele, die hinter den
Kulissen helfen: „Die gespendeten Kleidungsstücke, Spielsachen und andere Gegenstände müssen erst mal eingelagert, gesichtet, für die Empfänger vorbereitet und sortiert werden, bevor sie weggeschickt werden können“, berichtet Dieter Langhein, der bei allen Transporten federführend mit dabei war. „Erfreulich ist, dass hier neben Mitgliedern der Kirchengemeinde Menschen
mitwirken, die mit Kirche sonst nichts zu tun haben wollen.“
Rumänien ist seit 2007 vollwertiges Mitglied der EU. Dennoch sieht Dieter Langhein,
der mittlerweile als fundierter Experte für dieses Land gilt, nur geringe Fortschritte: „Der Aufschwung betrifft bestenfalls die Ballungsräume und ein wenig die Gemeinden, die an den Europastraßen liegen, über die nun der West-Ost-Fernverkehr läuft. Abseits dieser Verkehrsadern und insbesondere in den Bergregionen ist die
Lage für die Bevölkerung nach wie vor katastrophal!“
Die Hilfe aus Kleinmachnow wird also noch lange gebraucht werden.
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||
| |||||||||||