Brötchen holt, ist Töchterchen Luise Meinel. Die Fünfjährige ist sichtbar stolz und fühlt sich ein wenig wie in
Plätscherbach, wo der „kleine rote Traktor“ aus der Kika-Kinderserie zuhause ist.
Virus für Mediziner
Doch im Gegensatz zu Bauer Jan, der bei Kika mit dem auffallend roten Gefährt herum kurvt, ist ihr Papa
kein Landwirt. Ganz im Gegenteil, Wilfried Meinel ist rühriger Unternehmer, der seit gut 40 Jahren
Krankenhäuser und Praxen in Berlin mit Operationsbedarf versorgt. Offenbar ist der
Gesundheitssektor
besonders anfällig für den „Trecker-Virus“. Mit Professor
Gert Baumann hat die Fan-Gemeinde einen
prominenten Mediziner in den Reihen. Er ist hauptberuflich Leiter der „Klinik für Kardiologie und Angiologie“
an der Berliner Charité in Mitte und braucht mit seinem Trecker gut zwei Stunden vom Wohnort Frohnau zu
Wilfried Meinel nach Kleinmachnow. Leichter hat es da der Kleinmachnower
Kieferorthopäde
Dr. Cepand Djamchidi, den der Traktor-Virus ebenfalls erwischt hat.
Trecker-Paradies im Garten
Durch die jährlichen Treffen ist Kleinmachnow Anziehungspunkt für Fans von antiken Porsche-Land
maschinen. Dazu lädt „Vormann“ Wilfried Meinel mit dem regionalen „Porsche-Diesel Club“ in den Garten
seines Eigenheims mit 1000 Quadratmeter Grundstück ein. „Wir haben etwa 30 Mitglieder mit insgesamt
gut 50 Traktoren“, liest er aus seiner Statistik. Wenn sich bei Meinels hinterm Haus die
Porsche-Traktor-
Fans treffen, ist immer eine ganze Menge los. Ehefrau
Antje Meinel hat dafür viel Verständnis. Die
43-jährige stellvertretende Schulleiterin an der gerade ins neue Gebäude umgezogenen „Grundschule Auf
dem Seeberg“ ist gerne für die kulinarische Versorgung in Aktion und sorgt für deftiges Kesselgulasch.
Volkstraktor
Schließlich ist es etwas Besonderes, wenn Kleinmachnow als urbane Vorstadtgemeinde von
Berlin und
Potsdam für einen Tag landwirtschaftliches Flair bekommt. Der heutige Sportwagenhersteller
Porsche hat
Traktoren übrigens nur eine begrenzte Zeit und eher „nebenher“ produziert. 1961 stellte man die Produktion
des „Volkstraktors“ ein, der das landwirtschaftliche Pendant zum „Volkswagen“ werden sollte. Die
Planungen hatten 1937 begonnen. „Es gab Ausführungen mit Ein- bis Vierzylindermotor, unterschiedlicher
Ausstattung und einer Motorkraft von zwölf bis 50 PS“, klärt Wilfried Meinel auf. „Ich habe einen Junior mit
Einzylindermotor und nur 15 PS.“
Bayrische Liebe
Wilfried Meinel ist Berliner, den es in den Kriegsjahren nach Bayern verschlagen
hatte, wo er in einem
Bergdorf bei Bad Reichenhall nahe der Grenze zu Österreich eine Wahlheimat gefunden hatte. Dort hat er
1940 als Bub die „Liebe zum Trecker“ entdeckt. „Ich durfte bei einem der wenigen Bauern, der schon einen
Traktor hatte, mitfahren. Damals war die Technik teilweise noch sehr dürftig. Besonders schwer hatten es
Bauern mit einem Lanz-Traktor. Der musste sehr mühsam mit der Lötlampe vorgeglüht und von Hand
angedreht werden. Deshalb wurde er den ganzen Tag angelassen. Wenn Mittag war
und gegessen wurde,
blieb der Traktor in Betrieb.“
Jugendtraum in Kleinmachnow
Doch erst zurück im Norden schaffte es der umtriebige Technik-Fan, seinen Jugendtraum zu erfüllen.
Möglich machte dies der Umzug von Berlin ins Eigenheim nach Kleinmachnow, den die
Familie zur
Jahrtausendwende bewerkstelligte. „Da war endlich Platz für einen Trecker“, erinnert sich Wilfried Meinel
zurück. Schließlich wurde er im fernen Chemnitz fündig, wo er seinen Porsche-Diesel fast jungfräulich fand.
„Er stammt aus dem fränkischen Würzburg und hat gerade mal 4 200 Betriebsstunden“, so Wilfried Meinel.
Bei der Familie Porsche erinnert man sich übrigens offenbar noch gerne an die robuste Produktlinie. „Wir
sind alle drei Jahre auf das Anwesen von
Wolfgang Porsche in Zell am See mit unseren Treckern
eingeladen. Dann geht es zu Ausfahrten in die Berge. So waren wir mit 80
Treckern auf dem
Großglockner“, strahlt Wilfried Meinel.
Faszination Technik
Übrigens hört seine technische Begeisterung keineswegs beim Traktor auf. Zu den Prunkstücken auf dem
Einfamilienhausgelände gehören so ungewöhnliche Fahrzeuge wie ein „Herkules Sachs“-Fahrrad mit Hilfs
motor. „Das ist ein kleines Wunderwerk, das es mit einem 20 Kubikzentimeter-Motor auf
solide 20
Stundenkilometer bei geringstem Verbrauch bringt“, lobt Meinel. Etwas gefräßiger sind da schon das
schmucke und nicht weniger seltene Mercedes SL Cabrio von 1989 mit 200 PS oder
die seltenen
Moto Guzzi und BMW-Motorräder, die sich den Platz in der Garage teilen. Doch so schön diese Gefährte
sind, zum Bäcker geht es mit dem Trecker, und das, obwohl Wilfried Meinel wahlweise ein
aktueller
Porsche Cayenne zur Verfügung stünde, natürlich als Diesel, wie die Traktoren!
Mit dem Trecker samstags zum Bäcker
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