Stand Dezember 2011
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100 Jahre Fastnacht
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In Zeiten, wo es weder Internet noch schnelle Verkehrsverbindungen gab, hatte es
der Jungbauer ziemlich schwer, die Frau fürs Leben zu finden. Deshalb gab es dafür eine jährliche Brautschau.
„Die fand im Winter statt, wenn die Bauern Zeit hatten“, wissen Heike Schmidt und Daniela Lehmann. Sie sorgen mit dem „Groß Köriser Fest- und Traditionsverein“ dafür, dass dieser Brauch, dessen Wurzeln im Sorbischen liegen, aufrecht erhalten
bleibt. „Fastnacht bei uns hat also nichts mit Büttenreden und Politik zu tun. Damals durften sich die Junggesellen des Dorfes
ein Mädchen auswählen, mit dem sie festlich gekleidet die Veranstaltung mit einem Tanz eröffneten. Es gab eine strikte Kleiderordnung: Die Männer erschienen in schwarzer Hose, weißem Hemd und Zylinder mit Blumensträußchen sowie langen bunten Bändern. Die Mädchen trugen weiße Bluse und schwarzen Rock“, berichten die beiden Vorsitzenden des Vereins. „Nach dem Eröffnungstanz war es für die Fastnachtsjugend Pflicht, mit den Älteren zu tanzen. Am nächsten Tag ging es darum, mit dem Zempern den Winter auszutreiben.“
Unter lautstarker Begleitung einer Blaskapelle geht es dabei festlich bekleidet
von Tür zu Tür. Hier wechseln Naturalien den Besitzer, ein Tänzchen mit dem Hausherrn oder der Hausfrau ist immer angesagt und ein Gläschen Hochprozentiger ist zusätzlicher Dank. Wer brav „gespendet“ hat, wird mit einer Eintrittskarte zum abendlichen Ball belohnt. Vor dem 2.
Weltkrieg war die Köriser Fastnacht so beliebt, dass sogar an zwei Orten gefeiert wurde. „Das Oberdorf feierte im Schützenhaus in der Berliner Straße, das Unterdorf im Deutschen Haus in der Lindenstraße“, liest Daniela Lehmann aus der Chronik. Heute ist die moderne Mehrzweckhalle
gemeinsamer Treffpunkt.
„Diese Tradition gibt es sicher schon sehr lange. Belegt ist sie aber in jedem
Fall seit 1912. Deshalb können wir im Februar 2012 das 100. Jubiläum feiern“, berichten die beiden hauptberuflichen Sekretärinnen bei einem örtlichen Sportplatzbau-Unternehmen.
Mittlerweile haben sich die Regeln für die Fastnacht ziemlich gelockert. „Die Beschränkung, dass nur Ledige bei der Fastnachtsjugend mitmachen dürfen, konnte nicht aufrecht erhalten werden. Es gibt dafür heute zu wenig Jugendliche.“
Die Bank vor der Bühne, auf der während des Balls die alten Frauen saßen und tratschten, ist ebenfalls weggefallen.
„Heute machen alle bei der Fastnachtsjugend mit. Das Alter spielt keine Rolle
mehr“, so Heike Schmidt. Denn nun geht es nicht mehr um Ehestiftung.
Weder Heike Schmidt, 45, hat ihren Lebenspartner bei der Fastnacht für sich entflammen können noch die 36-jährige Daniela Lehmann. Dabei waren die beiden von Anfang an beim Zempern und
Feiern dabei. Daniela Lehmann erinnert sich, bereits als 14-Jährige bei der Fastnacht mitgemacht zu haben. Der Fest- und Traditionsverein hat
es nach der Wende geschafft, der Köriser Fastnacht seine Attraktivität zu erhalten und sie durch schwierige Jahre zu führen.
Mittlerweile gibt es bei der Festveranstaltung ein Show-Programm, das
willkommene Abwechslung zu den Tanzeinlagen bietet.
„Allerdings verursacht das natürlich Kosten und bedingt ein finanzielles Risiko, das uns schon manche
schlaflose Nächte beschert hat“, berichten die beiden Fastnachts-Macherinnen. Dazu gehört außerdem der Kinderfasching mit bunten Kostümen und ganz großem Spaß für die kleinen Groß Köriser.
Auf das große Fest zum 100. Fastnachts-Jubiläum bereitet sich Groß Köris ganz groß vor. „Wir haben alte Kostüme gesammelt, die Bürger haben in ihren Fotoalben gekramt und historische Bilder zur Verfügung gestellt.“
Die Festveranstaltungen am 11. und 12. Februar 2012 werden ganz besonders viel
bieten – schließlich möchte man die bisherige Beliebtheit mindestens die nächsten 100 Jahre weiter aufrecht erhalten. „Wir haben bei unseren Veranstaltungen in der Sporthalle teilweise bis zu 400
Besucher, das ist in der Region einzigartig!“
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