Stand April 2011
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Elf Fragen fürs Jahr 2011
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Im Herbst 2011 gibt es in Wandlitz Bürgermeisterwahlen. Der bisherige Amtsinhaber möchte wieder antreten. Grund genug, mit ihm in unserem Interview Bilanz zu ziehen
und nach vorne zu blicken.
Udo Tiepelmann war erst Amtsdirektor in Wandlitz und wurde der erste Bürgermeister der neugebildeten Großgemeinde. Erklärte Ziele von ihm waren, die Ortsteilezusammenzubringen und Wandlitz als
bevorzugten Wohnstandort weiter zu entwickeln.
Frage: Als Sie antraten, standen Sie vor dem Problem einer hohen
Schuldenbelastung. Dadurch war die Entwicklungsfähigkeit der Gemeinde enorm bedroht.
Udo Tiepelmann: „Das war ein erhebliches Problem. Schon als Amtsdirektor habe ich durchgesetzt,
dass wir keinen neuen Schulden machen. Als ich Bürgermeister wurde, hatten wir einen Schuldenstand von 16,7 Millionen Euro. Sie können sich vorstellen, was das alleine an Zinsen kostet. Wir haben diese hohe
Summe kontinuierlich auf heute etwas über sieben Millionen Euro zurückgefahren. Trotz dieser konsequenten Finanzpolitik haben wir aber über all die Jahre in die Entwicklung aller Ortsteile investiert.“
Frage: Kaum waren Sie angetreten, wollte der Landkreis im Zuge von Sparmaßnahmen das Gymnasium in Wandlitz schließen. Es gab einen Aufschrei im Ort, Wandlitz kam durch Eltern- und Schülerproteste überregional in die Schagzeilen.
Udo Tiepelmann: „Eine Gemeinde ist dann als Zuzugsgebiet attraktiv, wenn sie für Familien gute Möglichkeiten bietet. Wer sich dafür interessiert, zu uns her zu ziehen, der will wissen: Gibt es Kitas, gibt es
Schulen, gibt es Freizeitmöglichkeiten? Für uns als Gemeinde war völlig klar, dass wir das Gymnasium als wichtigen Teil unserer Schullandschaft
erhalten müssen. Ich habe dafür mit allen Beteiligten gekämpft und Überzeugungsarbeit geleistet. Ein wichtiges Argument, das wir einbringen konnten,
war die Bereitschaft, das Gelände, auf dem ja noch die Grundschule stand, ganz dem Gymnasium zu überlassen. Das Konzept ging auf. Wir haben nun in Wandlitz seit 2010 eine neue
Grundschule. Das Gymnasium ist geblieben und wird
modernisiert. In Klosterfelde konnten wir die Oberschule etablieren. Wir investierten dort in eine neue Schulturnhalle, haben den Schulhof und die Außensportanlagen neu angelegt und setzten Mittel in Millionenhöhe aus dem Konjunkturpaket zur energetischen Fassadensanierung ein.“
Frage: Vor der Schule kommt die Kita.
Udo Tiepelmann: „Hier gilt: Kurze Wege für kurze Beine. 2003 gab es keine Kita-Bedarfsplanung. Jede der früher selbstständigen Gemeinden hat das für sich gemacht. Deshalb ging es nun darum, in den Ortsteilen wohnortnahe Kitaplätze nach heutigem Standard zu schaffen. Teilweise wurden bestehende Kitas
modernisiert oder neue gebaut wie 2004 in Wandlitz in der Thälmannstraße und gerade ganz aktuell in Zerpenschleuse. Als in Basdorf leerstehende Räume der ehemaligen Oberschule für eine Kitanutzung hergerichtet werden sollte, gab es etliche Befürchtungen, diese Lösung sei nicht kindgerecht. Nun sind die Räumlichkeiten voll akzeptiert.“
Frage: Jugendliche wollen und sollen sinnvolle Freizeitmöglichkeiten haben. Wie sieht es hier aus?
Udo Tiepelmann: „Wir haben engagierte Vereine, die sehr vielfältige Möglichkeiten bieten. Wir haben Sporthallen mit zum Teil sehr modernen Außenanlagen, so in Basdorf, Klosterfelde, Schönwalde, Wandlitz und Zerpenschleuse. Wegen des großen Bedarfs soll es in Wandlitz zusätzlich eine Erweiterung des Schulsportgeländes geben. Dabei sollen ein Kunstrasenplatz, erweiterte Sanitärmöglichkeiten, Parkplätze und eine Wendeschleife für den Schulbus entstehen. Für den Kunstrasenplatz wurden gerade Fördermittel beantragt. In Schönwalde wurde ein Bolzplatz angelegt, der weiter befestigt und ausgeweitet werden
wird. In Klosterfelde wird ein Kleinspielfeld errichtet, das die Kinder und
Jugendlichen in ihrer Freizeit nutzen können. Ein Höhepunkt ist sicher auch der Bau des Jugendclubs in Basdorf.“
Frage: Ein weiteres Problem, das eng mit dem Bereich
Freizeit und Lebensqualität zusammenhängt und hohe Wellen schlug, war die Privatisierung des Wandlitzsees.
Udo Tiepelmann: „Die Gemeinde stand im Jahr 2003 aufgrund der Entscheidung des Landes, die Seen
zu verkaufen, plötzlich vor der Frage, ob wir dafür 400 000 Euro ausgeben sollen, was ein großes Loch in die Gemeindekasse des damals noch selbstständigen Wandlitz gerissen und viele andere Investitionen erst mal gestoppt hätte. Nun ist es so, dass kein privater
Investor verbieten kann, dass in einem See geschwommen werden kann oder man Wassersport betreibt. Es ging also streng genommen um die Seezugänge. Hier konnten wir schließlich in einem gerichtlichen Vergleich eine Lösung mit dem Eigentümer erreichen, der das Strandbad am Wandlitzsee mit Steg und Wasserrutsche auf Dauer sichert. Wir haben also ohne Geld auszugeben das öffentliche Interesse wahren können.“
Frage: Ein wertvolles Kleinod ist das historische Dorf.
Udo Tiepelmann: „Und wie es mit wertvollen Dingen so ist, sie wollen gepflegt werden. An die
Traditionsgaststätte Goldener Löwe mit seinem Saal haben viele Wandlitzer gute Erinnerungen. Wir ‚erbten‘ das Gebäude an exponierter Stelle in einem bedauerlich baufälligen Zustand. Die
Gemeindevertreter gingen schließlich das Wagnis ein, das Haus denkmalgerecht zu sanieren und ein Kulturzentrum daraus zu machen. Nun können darin Gemeindevertreter-Sitzungen stattfinden. Es gibt übers ganze Jahr verteilt hochkarätige Kulturveranstaltungen. Außerdem steht das Haus als Treffpunkt für private Feiern und Vereinsfeste zur Verfügung. Heute ist es nicht mehr aus dem Leben der Gemeinde wegzudenken.“
Frage: Bei Wandlitz-Dorf denkt man automatisch an das Agrarmuseum.
Udo Tiepelmann: „Das war ebenfalls ein großes Problem. Das Agrarmuseum ist in seiner Art in Brandenburg einmalig. Es gehört dem Landkreis, wir hatten einen Betreibervertrag, der 2013 ausgelaufen wäre. Allerdings sind die Ausstellungen auf mehrere Gebäude verteilt, die in einem bedauernswerten Zustand sind. Es galt, eine zukunftsfähige Lösung zu finden, sonst hätte dem Museum, das viele Besucher nach Wandlitz bringt, das Aus gedroht. Die
Rettung brachte das Konzept einer gemeinsamen Ausstellung von Agrarmuseum und
Naturpark. Über dieses Alleinstellungsmerkmal wurde das Projekt förderfähig. Das bedeutet, dass wir von den Baukosten in Höhe von sechs Millionen Euro etwa
3,6 Millionen an Fördergeldern bekommen werden. Der Landkreis hat sich weiterhin verpflichtet, bis 2022 einen Zuschuss zu den Betriebskosten zu leisten. Damit ist der dauerhafte Betrieb nun gesichert.“
Frage: Wie sieht es mit dem Zusammenwachsen der Ortsteile aus?
Udo Tiepelmann: „Wichtige Voraussetzung fürs Zusammenwachsen sind die Lebensadern, also Straßen, Geh- und Radwege. Wir haben das
immer im Zusammenhang mit der Schulwegsicherheit betrachtet. Mittlerweile gibt es ein zusammenhängendes Radwegenetz entlang der B109 von Schönerlinde bis Klosterfelde. Die verbliebenen Lücken in Basdorf werden noch 2011 geschlossen werden. Der Radweg zwischen Klosterfelde und Prenden wird ebenfalls dieses Jahr fertig werden. Wir haben dann in meiner Amtszeit insgesamt 33 Kilometer Radwege ausgebaut.“
Frage: Die Ortsdurchfahrten sind mittlerweile bestens befahrbar, in den Wohngebieten gibt es noch viel zu tun.
Udo Tiepelmann: „Das ist richtig und wird Zug um Zug angegangen. Allerdings gilt es dabei zu
bedenken, dass wir gesetzlich verpflichtet sind, die Anlieger am dadurch
entstehenden Wertgewinn ihres Grundstücks zu beteiligen. Das ist logisch, aber natürlich für manche Eigenheimbesitzer, etwa für Senioren, die auf wenig Einkommen angewiesen sind, oft ein Problem.
Viele Gemeinden verlangen hier 90 Prozent der Kosten von den Grundbesitzern, wir geben nur 65 Prozent weiter. In jedem Fall ist hier viel Feingefühl nötig. Wir befestigen deshalb vorrangig Anliegerstraßen, wenn gerade ohnehin Versorgungsleitungen verlegt werden oder wenn der laufende Unterhalt völlig unwirtschaftlich ist und dort, wo es von den Anliegern wirklich gewünscht und gefordert wird.“
Frage: Was bringt der Blick nach vorne? Es sind ja erhebliche Investitionen im
Gange?
Udo Tiepelmann: „In Klosterfelde haben wir gerade für drei Millionen Euro 13 Wohnblocks mit insgesamt etwa 120 Wohnungen gekauft.
Damit können wir dauerhaft günstige Wohnmöglichkeiten bieten. Wir haben uns dafür stark gemacht, dass endlich in allen Ortsteilen breitbandiges Internet verfügbar sein wird und waren die erste Gemeinde in Brandenburg, die das neu
aufgelegte Programm der Landesregierung hierfür in Anspruch genommen hat. Nun werden Prenden und Zerpenschleuse ebenfalls
angeschlossen. Der neue Rathaus-Ergänzungsbau wird zu einer weiteren Erhöhung der Effizienz führen. Bisher sind die Mitarbeiter auf fünf Standorte verteilt. In Klosterfelde entsteht ein neuer Bauhof, der dringend
notwendig ist, schon um unsere Technik gesichert unterzustellen. Im Frühjahr 2010 wurde uns ein für den Winterdienst komplett ausgestattetes Kommunalfahrzeug gestohlen, so etwas
darf nicht mehr vorkommen. Dafür wird dann der Bauhof Stolzenhagen geschlossen, so dass wir nur noch in Basdorf
einen weiteren Bauhof haben werden.“
Frage: Was haben Sie sich für die nächste Amtszeit vorgenommen?
Udo Tiepelmann: „Wandlitz muss als liebens- und lebenswerter Wohnort konsequent weiter entwickelt
werden. Ich hoffe, dass wir die sozialen Standards halten können. So gibt es bei uns kostenlose Schulmilch, wir bezuschussen das Schulessen
für bedürftige Kinder und haben die niedrigsten Kita-Gebühren im ganzen Landkreis. Der konsequente Schuldenabbau muss ebenfalls weiter
gehen, schließlich müssen wir uns ab 2018 auf geringere Einnahmen einstellen, da dann der Solidarpakt
auslaufen wird. Eine wichtige Aufgabe wird nun sein, seniorengerechtes Wohnen
bei uns zu fördern. Umweltgerechte Energien müssen ausgebaut werden. Ich denke da an die Unterstützung von Bürger-Solaranlagen. Schon jetzt achten wir bei unseren Baumaßnahmen auf niedrigsten Energiebedarf. So wird das neue Besucherzentrum, das
zusammen mit dem Naturpark entsteht, eine ausgeglichene Energie-Bilanz haben,
also genau soviel Energie selbst erzeugen, wie es verbraucht. Die Entwicklung
des ehemaligen Polizeigeländes in Basdorf ist leider durch Grundstücksvergaben des Landes, die zu politischen Querelen in Potsdam geführt haben, etwas ins Stocken geraten. Wenn wir hier zu der von uns angestrebten
Mischung aus Wohnbebauung und umweltverträglichem
Gewerbe kommen, sind wir auf einem guten Weg zu neuen Impulsen.“ | |||||||||||
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