Die neue Großgemeinde feiert ganz groß

Ortsjubiläum, Partnerschaftstreffen
und Landhaus-Kolonie laden ein

Eigentlich klingt 2006 unspektakulär. Aber weit gefehlt! In der neuen Großgemeinde Wandlitz gibt es in diesem Jahr besonders viel zu feiern.
Denn eine ganze Reihe von Jubiläen sorgt so ziemlich das ganze Jahr für interessante Veranstaltungen. Ganz besonders im Mittelpunkt steht dabei der 700. Jahrestag der schriftlichen Ersterwähnung von Prenden. Etwas jünger ist der Fußballverein von Wandlitz. Doch 75 Jahre sind im Sport ja eine ganze Menge. Naturgemäß kürzer ist die Zeit, seit Wandlitzer enge Kontakte nach Frankreich und Polen haben. Doch zehn und fünf Jahre sind ebenfalls ein guter Grund, zu feiern. Ein ganz rundes Jubiläum kann dafür die Landhaus-Kolonie in Wandlitz feiern: Für ihre Entstehung wurde vor genau hundert Jahren die Initialzündung in Form eines Wettbewerbs gegeben.

PRENDEN:

Frühe Gastarbeiter
Während man in Deutschland hitziger denn je über die Integration von Ausländern spricht, hat man im kleinen Prenden damit keine Probleme. Denn in diesem Ortsteil von Wandlitz hat internationales Flair Tradition.
Bereits vor über 300 Jahren sorgten hier Gastarbeiter für den Exportschlager des Orts, seltenes Rubinglas. Damit hatte der Glasmacher Johann Kunckel von Löwenstein Ende des 17. Jahrhunderts den kleinen Ort zu großem Ruhm gebracht. Offenbar hatte er Mitarbeiter-Mangel, denn die Einwohnerstatistik verzeichnet für das Jahr 1696 für Prenden „16 Hüfner und einen Türken, den Kunckel zur Arbeit braucht“.
Das hat der Berliner Klaus Storde herausgefunden. Der Künstler aus Prenzlauer Berg engagiert sich mit Lebensgefährtin Sabine Voerster seit dem Umzug ins ehemalige Sommerhaus für den Ort. Das Ehepaar machte sich mit einem Verein für die Dorfkirche stark und beschäftigte sich mit der Ortsgeschichte. Und so kann Klaus Storde in seiner Chronik zum 700. Geburtstag des 450 Einwohner Ortes stolz vermerken, dass er 2001 zum Ortschronisten gewählt wurde.
Bei seinen Recherchen ist er auch auf den erwähnten Osmanen gestoßen, der die Glasproduktion aufrechterhalten halt. Eigentlich müsste dieser den Urahnen von Dagmar Stein über den Weg gelaufen sein. Denn die Ortsbeirätin und Stellvertreterin von Ortsbürgermeisterin Waltraud Faust kann ihre Familiengeschichte in der Berggemeinde am Strehlesee bis ins Jahr 1634 zurückverfolgen. Bei Waltraud Faust selbst sind es zwar „nur zwei Generationen“ und etwa hundert Jahre. Dafür war die Bäckerei der Familie Winter lange Zeit Treffpunkt zum Neuigkeitenaustausch. Schade, dass Waltraud nicht in die Fußstapfen der Familie trat. „Ich bin kein Kuchen-Esser und das frühe Aufstehen ist meine Sache auch nicht“, entschuldigt sie die Weigerung, als junges Mädchen die Bäckertradition fortzuführen.

Feier mit Frank Zander
1306 wies ein Schriftstück mit dem Siegel eines Hermann von Brandenburg erstmals nachweislich auf „Pranden“ hin. 2006 feiert der Ortsteil von Wandlitz diesen Geburtstag mit vielen übers ganze Jahr verteilten Veranstaltungen. Höhepunkt wird die Festwoche vom 12. bis 20. August 2006 sein. Ein historischer Festumzug, ein Höhenfeuerwerk und Showstar Frank Zander werden für überregionales Interesse sorgen.
Infos: Tel. 03 33 96/8 05

WANDLITZ:

100 Jahre Landhaus-Kolonie
Gebaut wurde die Landhaus-Kolonie als Musterprojekt erst 1908. Weil dieses Datum nicht so recht passend gewesen wäre, verlegte es Orts-Chronistin Dr. Claudia Schmid-Rathjen mit der schwäbischen Pfiffigkeit ihrer württembergischen Ex-Heimat Stuttgart um zwei Jahre. „Dieses Jahr steht die Architektur im Kulturland Brandenburg landesweit im Mittelpunkt. Daran wollen wir anknüpfen“, begründet sie, warum sie die Ausschreibung und nicht die Einweihung der Häuser zum Ansatzpunkt fürs Jubiläum nahm.
1906 hatte der Verleger der Zeitschrift „Die Woche“ zu einem Architektenwettbewerb für Sommerhäuser im Grünen in verschiedenen Preisklassen aufgerufen. Viele namhafte Architekten machten mit. Musterhäuser sollten in Wandlitz und Falkensee entstehen. Die Idee war, helle Landhäuser mit klarer architektonischer Linienführung „für den modernen Menschen“ zu bauen. Die Inneneinrichtung sollte aus formschönen aber weitgehend schnörkellosen Möbeln bestehen. Damit setzte sich die Vorgabe vom verspielten Jugendstil und den repräsentativen Vorlieben des Kaisers, die vom aufstrebenden Bürgertum gerne nachgeahmt wurden, bewusst ab. Im Vorgriff auf die Bauhaus-Ideen wurde ein Zusammenspiel von Architektur, Kunst, Handwerk und Industrie propagiert. Das Bauhaus entwickelte diese Reform-Idee später weiter, um daraus Wohnqualität für viele zu entwickeln. Möbelpioniere wie Ikea oder Interlübke sieht Dr. Claudia Schmid-Rathjen in direkter Nachfolge dieser Ideen. Dennoch kamen die zehn unterschiedlichen Landvillen, die aus 1528 Entwürfen von einer hochrangigen Jury ausgewählt worden waren, aufgrund explodierender Baukosten in die Kritik. Eigentlich sollten sie zwischen 5000 und 7500 Mark kosten. In Wandlitz mussten dafür inklusive Grundstück und Möblierung nach den Entwürfen von Professor Bruno Paul, der Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums war, zwischen 18000 und 25000 Mark bezahlt werden. Dennoch fanden sich schnell Käufer.
Jedenfalls machte die Landhaus-Kolonie an den Heiligen Pfühlen Wandlitz auf einen Schlag bekannt. Selbst Postkarten hatten die Häuser zum Motiv. Mit einem großen Straßenfest am 23. September 2006 An den Heiligen Pfühlen soll nun an diesen baugeschichtlichen Meilenstein erinnert werden.
Infos: Tel. 03 33 97/2 20 95

Hürden für Europa
Ausgerechnet zum Herrentag laden Thomas Härting und Ralf Becker mit der Arbeitsgruppe Städtepartnerschaft auf Anregung von Ortsbürgermeister Ingo Musewald zum Hürden-Lauf für Europa ein. „Natürlich stehen sportliche Aktivitäten mit auf der Agenda. Wichtig ist uns aber, die Kontakte zwischen den Menschen aufzufrischen“, berichtet der 40-jährige Rechtsanwaltsgehilfe Thomas Härting, der sich seit zehn Jahren für die „offiziellen Auslandskontakte“ von Wandlitz einsetzt. Diesmal gibt es dabei einiges zu feiern: Der Austausch mit der nicht weit vom schönen Ostsee-Strand entfernten Gemeinde Trzebiatów ist nun fünf Jahre alt. Die zarten Bande zu La Ferrière im französischen Vendée nahe der Atlantikküste bestehen bereits seit fast zehn Jahren. „Städtepartnerschaften gibt es in vielen Gemeinden. Besonderheit bei uns ist, dass wir als Drehscheibe fungieren. In Wandlitz lernen sich über uns Polen und Franzosen kennen“, beschreibt Ex-Drogist Ralf Becker. Das sieht man beispielsweise an der Verbreitung des französischen Boule-Spiels. „Während unseres ersten Besuchs in Frankreich waren bei uns alle von diesem Freizeitvergnügen fasziniert. Die Franzosen staunten nicht schlecht, als unsere Frauen sich sofort dafür begeisterten, denn in Frankreich ist Boule eher den Männern und da vorwiegend jenen im Rentneralter vorbehalten“, erinnert sich Ralf Becker. Kaum hatten sich die Bürger von La Ferrière daran gewöhnt, dass die Teutonen mit gemischten Mannschaften in ihren Nationalsport eindrangen und verdaut, dass sich in Wandlitz gleich auch noch ein Boule-Club gründete, kam schon der nächste runde Kultur-Schock auf die nichtsahnenden Freunde aus Frankreich zugeschossen. „Die polnischen Gäste aus Trzebiatów sahen wie wir in Wandlitz Boule spielten. Kurze Zeit darauf startete Boule von Trzebiatów aus seinen Siegeszug durch Polen. Mittlerweile werden dort richtige Meisterschaften durchgeführt. Jetzt droht den Franzosen, dass ihr Boule von Polen aus internationaler Wettkampfsport wird“, schmunzeln die beiden Wandlitzern.
Die Gallier zeigten sich nicht weniger importfreudig. War es zu Beginn der Freundschaft noch eine Busladung mit unterschiedlichsten Bier-Proben, machten später Trabis das Rennen. Nun gibt es in La Ferrière eine Trabi-Klub, dessen drei DDR-Volkswagen bei festlichen Ereignissen, Umzügen und Wohltätigkeitsfesten für Aufsehen sorgen.
So darf man glauben, dass die oftmals in Brüssel und Strasburg sichtbaren Hürden in Wandlitz ganz locker überwunden werden. Das wird der von der EU geförderte „Hürdenlauf“ am Herrentags-Wochenende mit über 50 Gästen garantiert unter Beweis stellen!
Infos: Tel. 03 33 97/7 22 36

Schießen im Brennpunkt
Während Boule also gerade dabei ist, sich von Frankreich via Wandlitz nach Polen zu verbreitern, ist Fußball überall präsent. Damit dürfte den Kickern vom 1. FV Wandlitz also internationaler Beifall sicher sein, wenn sie ebenfalls am Herrentags-Wochenende ganz groß feiern. Schließlich gilt es den 75. Geburtstag zu begehen – für einen Sportverein ist das eine beachtliche Geschichte zum Zurückblicken. Und mit noch einer Besonderheit können die Wandlitzer Kicker aufwarten: Sie sind einer der ganz wenigen Fußballvereine, wo die Männer nach der Pfeife einer Frau tanzen.
Lesen Sie dazu unseren Bericht auf Seite 52-54, Infos: Tel. 03 33 97/6 63 31

Kreisschützenfest
Während die Kicker immerhin den Vorteil haben, ihr Geschoss in ein über sieben Meter breites und fast 2,50 Meter hohes Tor platzieren zu dürfen, geht es bei den Schützen um Millimeter. Dennoch sind die Wandlitzer vielfache Meister und dürfen dieses Jahr das Kreisschützenfest ausrichten. Sie feiern damit die Wiedergründung vor 15 Jahren. Höhepunkt wird ein Umzug am 17. Juni 2006 sein.
Infos: Tel. 01 73/8 76 18 18

Dagmar Stein (l.) kann selbst auf eine Familiengeschichte in Prenden seit 1634 zurückblicken. Bei Ortsbürgermeisterin Waltraud Faust sind es „nur“ etwa hundert Jahre. Dafür sorgte ihre Familie Winter zuverlässig für leckere Kuchen und frisches Brot.

Ortschronistin Claudia Schmid-Rathjen hat sich auf die Spuren der Landhaus Kolonie in Wandlitz geheftet.

Thomas Härting (l.) und Ralf Becker von der Arbeitsgemeinschaft Städtefreundschaft üben schon mal für den Hürdenlauf für Europa am Herrentagswochende.

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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