Zu Honeckers kommen nur Kranke!

Wer zu „Honi“ will, der muß schon wirklich krank sein. Und zwar durchaus im wörtlichen Sinne. Denn die verbliebenen Gebäude der einst geheimnisumwitterten Politbürosiedlung bei Wandlitz sind heute ein Teil der Brandenburg-Klinik!

Doch wer sich als nichtsahnender Tourist im Jahr 2001, also zwölf Jahre nach der Wende, auf die Spuren der DDR-Geschichte begibt, kann mitunter so einige überraschende Erfahrungen machen. So berichtet unsere Reporterin Antje Hartmann:

Ich bin also von Berlin kommend auf der Bundesstraße 109 in Richtung Prenzlau gefahren und habe nach 30 Minuten das Ortseingangsschild von Wandlitz passiert. Die Fahrt war angenehm und schnell geschafft, die Zeit hingegen drehte sich scheinbar rückwärts. Ob das wohl an Wandlitz und seiner Vergangenheit liegt, fragte ich mich und bewegte mich währendessen auf das Ortszentrum zu.

Nun, da ich leider nicht wußte, wo sich die ehemalige Politbürosiedlung befand, wählte ich den erstbesten, an der Straße liegenden Laden aus, um nach dem Weg zu fragen. In diesem unscheinbaren Geschäft habe ich erfahren müssen, wie ein Verhör und der sich anschließende Ladenverweis knallhart vonstatten geht. Das muß man sich mal vorstellen, ich habe doch nur nach dem Weg zur Waldsiedlung gefragt und der Mann will bis ins kleinste Detail wissen, weshalb, wieso ich dort hin will. Das Fazit meiner völlig harmlosen Frage nach dem Weg war der Rausschmiss und die Tatsache, daß mich dieses Gespräch leider nicht weitergebracht hat auf meiner Suche.

Mehr Glück hatte ich dagegen beim Tourismusverein Naturpark Barnim e.V. und lernte hier, wie in der Folge im Ort, sehr freundliche Personen kennen. Etwa Petra Sankowski (52), die jedem Besucher mit ihrem zuvorkommenden Wesen die Wünsche von den Augen abliest, las auch viel bei mir. Nun hatte ich endlich jemanden gefunden, der mir etwas über die Vergangenheit und Gegenwart der Waldsiedlung erzählen konnte.

Erst mal kam die Enttäuschung, denn ich erfuhr: „Auf der kompletten Fläche stehen heute die Brandenburg-Klinik und ein paar Wohnhäuser. Die alten DDR-Politbürohäuser wurden rekonstruiert und für die Kurgäste eingerichtet. Die Besucher können von April bis Oktober mit einer kleinen Bahn das Gelände abfahren und erhalten dabei noch eine Erläuterung zur Geschichte, wer wo wohnte.“

Und was wurde aus Honeckers Haus? „Danach fragt fast jeder. Dort wohnen heute Patienten der Brandenburg Klinik.“ Und mit Verwunderung höre ich, dass das Museum mit originalen Einrichtungsstücken nach 1999 „wegen mangelnder Rentabilität“ geschlossen wurde.

Schade, denn wie kann ich nun erfahren, wie das damals wirklich war, mit der Waldsiedlung? Da bleiben nur Zeitzeugen, wie eben Petra Sankowski: „Man muß sich also vorstellen, dass die Siedlung in zwei kreisförmige Abschnitte gegliedert war. Im Innenring haben die Politbüro Mitglieder gewohnt und ihre Angestellten im Staatsdienst, wie Sekretäre.

Im Außenring lebte das Personal für die Gartenpflege, die Reinigung die Pflege der Schwimmhalle sowie die Kraftfahrer und andere.

Die ganze Anlage wurde von einer mit Stacheldraht ummantelten Mauer geschützt und rund um die Uhr von schwerbewaffneten Aufsehern mit Hunden bewacht. Betreten durfte keiner das Gebiet, der sich nicht mit einem Passierberechtigungsschein ausweisen konnte“.

Heute schmunzelt man darüber, wenn man erfährt, dass Erich Honecker leidenschaftlich Quark aus Dänemark liebte. Oder dass Karsten Krenz, der Sohn des Berufs-Jugendlichen Egon Krenz, in der Schule prahlte, dass man keine Ostschokolade essen könne, weil sie so schlecht schmecke. Aber erklärt das die Aggressivität, der ich am Anfang meiner Tour durch die Vergangenheit begegnet bin?

Es handelt sich hier um einen Archiv-Eintrag.
Die Informationen, Daten und Bilder sind möglicherweise veraltet und nicht mehr aktuell.


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