Stand Juli 2009
Mädchen spüren Historie auf
Weibliche Historiker gibt es eher wenige. Aus Werder könnte nun Nachwuchs erwachsen. Denn hier haben sich zwei hübsche Schülerinnen vorgenommen, einem „dunklen Kapitel“ auf den Grund zu gehen.
Sie wollen erfahren, was wirklich passierte, als das NS-Regime zusammenbrach und die Sowjets das Regiment übernommen hatten.
Nicole Grünwald, 18, und Kathrin Schieblich, 16, haben sich auf Anregung des langjährigen Orts-Chronisten Dr. Baldur Martin auf die Spurensuche gemacht. Dr. Martin hatte im Laufe der Jahre schon viele Facetten der Ortsgeschichte erkundet, doch diese Zeit blieb bisher geheimnisumwittert. „Man stieß vielfach auf eine Mauer des Schweigens“, hatte er erfahren.
Das Rätsel um die Retter
Werder war im Mai 1945 kampflos an die Rote Armee übergeben worden. Bekannt ist, dass der Arzt Dr. Hans Bamberg und der Zahnarzt Dr. Erwin Velten in einem Kahn zu den bei Wildpark-West stehenden Sowjets gerudert waren und die Nachricht überbracht hatten. Doch wer hatte die Entscheidung gefällt? Sogar der neue Vorsitzende des Heimatvereins, der Ex-Berufsoffizier der NVA und anerkannte Militärhistoriker Dr. Klaus Froh, hat die Antwort noch nicht herausgefunden.
Dem Schülerteam aus der elften Klasse des Oberstufenzentrums geht es darum, die Erinnerungen der Zeitzeugen zu dokumentieren. „Wir haben bereits 15 von den geplanten 20 Interviews gemacht“, berichten sie. „Im Herbst 2009 wollen wir im Heimatverein unser Ergebnis vorlegen und hoffen, dass wir das Ergebnis in der Schule ebenfalls in unserem Leistungskurs Geschichte einbringen können.“
Widersprüchliche Zeitzeugen
Eine wichtige Rolle in der Untersuchung nimmt die öffentliche Erschießung des Textilhändlers Friedrich Altenkirch ein. „Die Berichte der Augenzeugen sind hier sehr widersprüchlich: Die einen behaupten, er hätte von seinem Haus Unter den Linden auf die russischen Soldaten geschossen, manche meinen, er hätte sogar getroffen, dann wieder heißt es, er hätte sich nur mit der Pistole in der Hand gegen die Beschlagnahme seines Hauses gewehrt.“ Ob sich diese Widersprüche aufklären lassen? „Insgesamt hätten wir nicht gedacht, dass die Erinnerung der Menschen so unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen kann“, resümieren die Schülerinnen, die das Abitur anstreben. Ob das an der unterschiedlichen Wahrnehmung der Ereignis-se liegt? „Es gibt etliche Menschen, die den Einmarsch der Sowjets in die Stadt sehr positiv wahrnahmen. Andere hatten große Angst.“
Neuer Chef beim Heimatverein
Gerade die Frage des damaligen Stadtkommandanten, der durch seine Entscheidung, Werder kampflos zu übergeben, die Stadt vor der Zerstörung bewahrt hatte, dürfte eine Herausforderung für Dr. Froh darstellen. Der langjährige Geschäftsführer des Heimatvereins ist nun als Wunschkandidat von Dr. Baldur Martin an die Spitze des Vereins gerückt. Er ist mit der Dokumentarfilmerin GittaNickel verheiratet und als Militärhistoriker dem Fachpublikum durch viele Veröffentlichungen bekannt.
Darunter sind eine Chronik der NVA und das Standardwerk über die „Generale und Admirale der NVA“, das mittlerweile in der fünften Auflage erschienen ist, sowie Beschreibungen einzelner Truppenteile. Der aktive Volleyballer will die Tradition der „Werderaner Gespräche“ fortführen und wie Dr. Baldur Martin die Ergebnisse, die der Verein zusammengetragen hat, zum Jahresende veröffentlichen. Besonders wichtig ist ihm, das Bemühen Dr. Martins, die Jugend für Geschichts-Themen zu begeistern, fortzusetzen. Mal sehen, was das Trio aus den beiden Schülerinnen und dem neuen Heimatvereins-Chef nun an neuen Erkenntnissen zu Tage fördert.
Infos:
Tel. 0 33 27/7 95 51
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