Stand Juni 2014
Wo soll man einen „Vagabund“ ehren?
An seinem Geburtsort, der Sterbestadt
oder gar nicht?
Bei Christian Morgenstern dauerte es
exakt 100 Jahre bis zu einem Museum,
wo er als Literat gewürdigt wird.
Pünktlich zum 100. Todestag eröffnete
der „Freundeskreis Bismarckhöhe“ das
weltweit einzigartige „Christian
Morgenstern Literatur-Museum“. Leider
kann es momentan nur zweimal im Monat
regulär besichtigt werden.
Prominente Fans
Das Projekt von Rentner Achim Risch
hatte von Anfang an viele Unterstützer.
Darunter waren prominente Politiker. So
setzte sich Katharina Reiche als CDU-
Bundestagsabgeordnete und
Staatssekretärin im Verkehrsministerium
ebenso dafür ein, wie die direkt gewählte
Landtagsabgeordnete und zeitweilige
brandenburgische CDU-Chefin Dr. Saskia
Ludwig. Außerdem engagiert sich der
langjährige SPD-Europaabgeordnete
Norbert Glante, der 2014 nicht mehr
kandidierte. Er wurde nun Vorsitzender
vom „Freundeskreis Bismarckhöhe“. Der
aus Rostock stammende pensionierte
Berufsschullehrer Achim Risch war nach
dem Umzug in die Baumblütenstadt auf
Christian Morgenstern und seine
Galgenlieder gestoßen, die einen großen
Einfluss auf spätere Dichter hatten. Dieses
Thema ließ ihn nicht mehr los. Er
erkannte darin eine persönliche Aufgabe
und eine einzigartige Chance für seine
neue Heimat. Schon 2010 erklärte er in
der „Bürger- und Besucherinformation
Werder“, dass bis zum 30. März 2014
zum 100. Todestag des Literaten in
Werder ein Morgenstern-Museum
eröffnen soll. Bereits damals hatte er mit
seinen Exponaten in einem kleineren
Raum im Turm der Bismarckhöhe ein
Morgenstern-Zimmer auf 16
Quadratmeter eröffnet.
Aus Zufall zum Erbe
Die Idee, den Dichter am Ort seiner
Galgenlieder zu ehren, sprach sich im
gesamten deutschsprachigen Raum
herum. So kam es, dass sich Johannes
Lenz bei Achim Risch meldete. Der
mittlerweile pensionierte Pfarrer der
„Christengemeinschaft“ hatte Margareta
Morgenstern, die Ehefrau des Dichters, an
deren Wohnort beim Ammersee in
Oberbayern bis zu ihrem Tod 1968
seelsorgerisch betreut. Diese hatte sich,
nach der kurzen Ehe von gerade mal vier
Jahren, die restlichen 54 Jahre ihres
Lebens um die Pflege und
Veröffentlichung des literarischen
Nachlasses ihres Mannes gekümmert und
ihn dann an die „Christengemeinschaft“
vererbt. Pfarrer Johannes Lenz war mit
der Sichtung betraut. Als er Rentner
wurde, zog er nach Berlin.
Geld von der Bundesregierung
Mit Zugriff auf diese vielen
Originaldokumente, darunter das
Abiturzeugnis des Dichters und dessen
Büchersammlung mit den zahlreichen
handschriftlichen Anmerkungen hatte
Risch das Fundament für ein
ernstzunehmendes Museum. „Wir
bekamen die Möglichkeit, im
Zwischenbau der Bismarckhöhe Räume
dafür zu nutzen. Allerdings war die
Maßgabe, dass wir für die Sanierung
aufkommen“, erinnert sich Achim Risch.
Hier erwies sich als Glückfall, dass
Katharina Reiche, der ein enger
persönlicher Kontakt zu Bundeskanzlerin
Angela Merkel nachgesagt wird, viele
Räder in Bewegung setzen konnte, sodass
2012 die Zusage über 100 000 Euro
zweckgebundener Mittel aus dem
Bundesdenkmalpflegeprogramm kam.
„Bis wir über das Geld verfügen konnten,
dauerte es ein weiteres Jahr“, beschreibt
Achim Risch das Zittern, ob der Termin
zum 30. März 2014 zu halten sein würde.
„Das Problem war, dass diese Mittel nur
für bauliche Maßnahmen, die direkt mit
Denkmalschutz zu tun hatten, eingesetzt
werden durften. Die Haustechnik
beispielsweise gehörte nicht dazu. Zudem
stellten sie sich als nicht ausreichend
heraus, so dass die Außensanierung
nur teilweise durchgeführt
werden konnte, wovon die Fassade
zeugt.“
Zitterpartie
Die Leistung, das Museum doch noch
pünktlich zum 100. Todestag am
31.3.2014 eröffnet zu haben, wird erst
deutlich, wenn man den weiteren Verlauf
ansieht: „Wir konnten die Räume zum 5.
März beziehen und mussten dann in
einer unglaublichen Hetzjagd die
Infotafeln anbringen, die Vitrinen
aufstellen und bestücken. Da war es ein
Glück,dass uns Norbert Glante alle
Galerieschienen angebracht hat“, lobt der
frischgebackene Museumsleiter. Da kann
es schon passieren, dass es zur einen oder
anderen Panne kommt. So gelang es
den Museumsfreunden an ein verschollen
geglaubtes Gipsmodell des Porträts von
Morgenstern zu kommen. „Wir ließen
eine Kopie aus Stein herstellen. Als die
gerade fertig war, meldete sich ein
Museum aus Dortmund, dass sie die
Originalbronzebüste haben. Diese ist nun
als Dauerleihgabe ebenfalls bei uns zu
sehen.“
Jugend im Blick
Wichtig ist Achim Risch das Wirken von
Christian Morgenstern weiter in Werder
zu verankern. Ein wenig ist das schon
gelungen, die Freie Waldorfschule hat den
vielschichtigen Poeten nun im Namen
verankert. Mit ihr besteht ebenso wie mit
dem Ernst-Haeckel-Gymnasium, der
Oberschule und dem Evangelischen
Gymnasium in Potsdam-Hermannswerder
eine Kooperation. Die Jugendlichen
werden Hauptnutznießer des
Medienraums werden. „Zudem werden
die Vitrinen perfektioniert“, so Achim
Risch.
Bufti für Kultur?
Natürlich ärgert ihn, dass das Museum
momentan nur am ersten und dritten
Sonntag im Monat nachmittags sowie von
Gruppen mit speziellen Terminen
besichtigt werden kann. „Es müsste
ähnlich dem Bundesfreiwilligendienst für
soziale Einrichtungen so etwas für die
Kultur geschaffen werden“, bringt er als
Idee ins Spiel: „Schließlich haben viele
kulturellen Einrichtungen zu wenig Mittel
für reguläres Personal!“ Gibt es also
zusätzlich zu „Bufti“ bald noch „Kufti“?
Ob das sein nächstes Projekt wird?
Schließlich wurden die Museumspläne
des Wahl-Werderaner ebenfalls lange
belächelt. Kaum jemand hätte Achim
Risch zugetraut, dass er in nur sieben
Jahren nach Einrichtung seines kleinen
Morgenstern-Zimmers das weltweit ein
zige Morgenstern-Museum würde
eröffnen können!
Infos:
Tel. 0 33 27/7 23 34
www.Christian-Morgenstern-Ehrung.de